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Nobelpreis für Entdeckung der Hepatitis C#

Die drei Laureaten setzten die entscheidenden Schritte zum Nachweis eines neuen Virus.#


Von der Wiener Zeitung (6. Oktober 2020) freundlicherweise zur Verfügung gestellt

Von

Alexandra Grass


Dank der Entdeckungen dreier Wissenschafter kann Hepatitis C heutzutage erfolgreich behandelt werden. Für ihre wegweisende Forschung wurden die beiden US-Virologen Harvey J. Alter und Charles M. Rice sowie der britische Biochemiker Michael Houghton am Montag mit dem diesjährigen Nobelpreis für Physiologie und Medizin ausgezeichnet.. Die drei Forscher haben die Ursache für Fälle chronischer Hepatitis gefunden und Blutuntersuchungen sowie neue Medikamente ermöglicht, die Millionen Menschenleben gerettet hätten, begründete die Nobel-Preis-Jury ihre Entscheidung.

Die Hepatitis ist nach wie vor ein gewaltiges Gesundheitsproblem, das bei Menschen auf der ganzen Welt Zirrhose und Leberkrebs verursacht. Hervorgerufen wird sie hauptsächlich durch Virusinfektionen, aber auch Alkoholmissbrauch, Umweltgifte und Autoimmunerkrankungen gelten als wichtige Ursachen. In den 1940er Jahren wurde erstmals vermutet, dass es zwei Arten von infektiöser Hepatitis gibt. Hepatitis A wird vorwiegend durch verschmutztes Wasser übertragen und hat im Allgemeinen nur geringe Auswirkungen auf den Patienten.

Die drei Forscher Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice
Die drei Forscher Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice.
Foto: © nobelprize.org

"Nicht-A, Nicht-B"#

Der zweite durch Blut und andere Körperflüssigkeiten übertragene Typ kann hingegen zu chronischen Erkrankungen führen. Diese Form ist besonders heimtückisch, da gesunde Personen stillschweigend infiziert werden können und Symptome mitunter erst Jahre später auftreten. Pro Jahr verursacht sie weltweit mehr als eine Million Todesfälle.

Um einen Erreger erfolgreich behandeln zu können, muss er jedoch erstmals entdeckt werden. Dies war in den 1960er Jahren dem US-amerikanischen Mediziner Baruch Blumberg gelungen. Dieser Fund brachte die Entwicklung von Diagnoseverfahren und eines Impfstoffs mit sich. 1976 erhielt Blumberg dafür den Medizin-Nobelpreis.

Zu dieser Zeit studierte Harvey J. Alter am US-National Institute of Health das Auftreten von Hepatitis bei Patienten nach Bluttransfusionen und stellte fest, dass Hepatitis A nicht die Ursache war. Nachfolgende Tests brachten auch hervor, dass der unbekannte Infektionserreger die Eigenschaften eines Virus hatte. Damit hatte Alter eine neue eigenständige Form der Erkrankung definiert. Sie wurde als "Nicht-A, Nicht-B"-Hepatitis bekannt.

Mysteriöse Fälle geklärt#

Was Alter mehr als ein Jahrzehnt lang nicht gelang, war, das Virus zu isolieren. Den Meilenstein dazu bestritt schließlich Michael Houghton. Als nämlich in den 1980er Jahren dieses Virus aus dem Serum von Schimpansen isoliert wurde, konnte Houghton dieses in Teilen klonen und einen Test entwickeln, der den Nachweis des Erregers in Blutkonserven ermöglichte.

Offen war jedoch noch die Frage, ob das Virus auch alleine Hepatitis verursachen kann. Um diese Frage zu beantworten, mussten die Wissenschafter untersuchen, ob sich das geklonte Virus vermehren und damit Krankheiten verursachen kann. Charles M Rice fand schließlich eine Region am Genom des Hepatitis-C-Virus, das für die Replikation bedeutsam ist. Die vielen mysteriösen Fälle von Erkrankungen, die auf Bluttransfusionen zurückzuführen waren, waren nun geklärt.

Elimination bis 2030#

Von der chronischen Verlaufsform sind laut WHO rund 71 Millionen Menschen betroffen. In Österreich sind rund 26.000 Menschen mit dem Virus infiziert. Mit neuen antiviralen Substanzen, die kaum Nebenwirkungen hervorrufen, können heute nahezu alle Hepatitis-C-Patienten geheilt werden.

Weltweit arbeiten Forschergruppen unterdessen an der Ausrottung des Virus. Mittels umfangreicher Screenings, vor allem innerhalb von Risikogruppen, sollen "versteckte" Patienten, entdeckt und behandelt werden, beschreibt Caroline Schmidbauer von der Medizinuni Wien, selbst Mitarbeiterin an einem dieser Projekte. Die drei Nobelpreisträger hätten einen wesentlichen Fortschritt erwirkt. Und mit der Auszeichnung gewinnt die Hepatitis C, so die Hoffnung der Forscherin, wieder an Aufmerksamkeit. Die WHO hat die Elimination der Hepatitis C bis zum Jahr 2030 als Ziel definiert. "Um dieses Ziel erreichen zu können, sind regionale und nationale Programm relevant" - nicht nur weil sich die Epidemiologie des Virus weltweit unterscheidet, sondern auch die Risikogruppen und organisatorische Gegebenheiten, betont Schmidbauer.

Erhöhtes Preisgeld#

Die drei Preisträger teilen sich das Preisgeld in Höhe von zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro). Es wurde seit vergangenem Jahr um eine Million Kronen erhöht. Ausgezeichnet werden die Laureaten traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Im Vorjahr war der Medizin-Nobelpreis an die beiden US-Forscher William Kaelin und Gregg Semenza sowie ihren britischen Kollegen Peter Ratcliffe gegangen. Sie waren für die Entdeckung molekularer Mechanismen der Sauerstoffaufnahme von Zellen ausgezeichnet worden.

Wiener Zeitung, 6. Oktober 2020