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Notiz 096: Steirische Kontraste#

(Das Luftschiff der Renner-Buben im Zusammenhang)#

von Martin Krusche

Ob die Renner-Buben mit ihrem Luftschiff „Estaric“, ob der Radelmacher Janisch in Ilz, gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnten sich einfallsreiche Leute mit Handfertigkeit und robuster Mentalität neue Betätigungsfelder erschließen. Manche von ihnen schrieben im frühen 20. Jahrhundert ein Stück Landesgeschichte.

Die Renner-Buben Alexander und Anatol mit ihrem Vater Franz Renner. (Archiv Martin Krusche)
Die Renner-Buben Alexander und Anatol mit ihrem Vater Franz Renner. (Archiv Martin Krusche)

Das kann dann auch die eigene Familie betreffen, wie in meinem Fall, denn meine Großmutter Marianne war die Cousine der Luftschiffer. Vor 111 Jahren gab es in Graz eine legendäre Flugschau der Renners. Daran hat nun Künstler Igor F. Petković mit einer Veranstaltung in der Grazer „Gruabn“ erinnert, auf dem Fußballplatz des SK Sturm.

Für mich war das ein Gelegenheit, die lebhafte Verwandtschaft zu treffen. Unsere Urgroßväter Matthias und Franz Renner waren Brüder. Dazu kamen noch enge Verflechtungen mit Karl und Andreas Strohmayer, was eine traditionsreiche Grazer Bäckerei angeht, die erst kürzlich den Betrieb heruntergefahren hat.

Wir sind also die Nachfahren kontrastreicher Leute in sehr bewegten Geschichten. Diese Abenteurer, Unternehmer, Ausreißer und Heimkehrer, Gefallene und Verlorene; stets auch einfallsreiche und unerschrockene Frauen an ihren Seiten, denn in diesem Clan ging es nicht grade gemütlich zu.

Die Luftschiff-Sache ist übrigens mit Altmeister Johann Puch verbunden, der den Estaric motorisiert hat. Dort war damals Ferdinand Lanner in der Entwicklung tätig und fuhr sehr erfolgreich Autorennen.

Sein Enkel gleichen Namens hat mich voriges Jahr in Gleisdorf besucht und wir konnten uns über allerhand Details zu diesen Geschichten verständigen. So rundet sich zunehmend ein Bild, in dem Weltgeschichte die Regionalgeschichte der Steiermark berührt, was sich eben dann auch in Familiengeschichten niederschlägt.

Karte von Igor F. Petković für die Ballon-Post. (Foto: Martin Krusche)
Karte von Igor F. Petković für die Ballon-Post. (Foto: Martin Krusche)

Die Steiermark galt einst als ein rückständiges Gebiet und speziell die Oststeiermark als ein Armenhaus der Monarchie. Das lag sicher nicht an den Menschen, womöglich an einem Mangel an Ideen und Tatendurst. Es waren die Strukturen ein großes Hemmnis. Die grundsätzlich karge agrarische Welt und die im Oststeirischen so typischen Selbstversorgerwirtschaften ließen nur wenig Entwicklung zu.

Daraus konnte kein Wohlstand entstehen. Der kam schließlich erst durch eine partielle Industrialisierung der Grünen Mark, wodurch ganz neue Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten entstanden. Das hatte dann unter anderem so kuriose Momente wie die Luftschiffe der Renner-Buben, aber insgesamt das Gedeihen von Bastlern, Tüftlern, Produzenten; da wurde dann auch manch einer vom kleinen Handwerker zum Boss eines Imperiums.