Mensch und Maschine: Status Juni 2017#
(Nun wird es langsam kompakter)#
von Martin Krusche
Das Projekt hat eine Art „Backbone“, für den zwei Personen sorgen: Wissenschafter Hermann Maurer und Künstler Martin Krusche. Das ist eine prozeßhafte Kommunikationssituation, die dem Projekt Kontinuität verleiht. Man könnte diesen Kernbereich einen Ariadnefaden nennen, denn „Mensch und Maschine“ hat in der Praxis Dimensionen eine Labyrinths entfaltet. Dieser Faden ergibt sich aus zwei Aspekten, a) dem laufenden Diskurs zwischen Maurer und Krusche sowie b) begleitenden Arbeitsgesprächen mit Menschen, die verschiedene Ressourcen einbringen.
Dabei geht es einerseits um sachkundige Personen, die das Projekt inhaltlich bereichern. Es geht andererseits um mögliche Kooperationspartnerinnen und -partner für die praktische Kulturarbeit. Warum das wichtig ist? Wir haben eine komplexe Struktur der Internetpräsenz aufgebaut. Damit sind wir zu Gast im Austria-Forum auf den Servern der TU Graz. Das ist freilich nur eine Seite der Netzkultur. Da wir Menschen und nicht Maschinen vernetzen, muß das Projekt aus dem Web herauskommen, sich in realer sozialer Begegnung ereignen. Und es muß auch aus dem Landeszentrum heraus, über die Dörfer gehen.
Eigentlich wäre von Wissens- und Kulturarbeit zu sprechen. Ein wesentlicher Teil des längerfristigen Vorhabens ist der Wissensgewinn in einigen speziellen Fachgebieten. Dabei nützt uns auch der Zugriff auf die Informationsbestände im Austria-Forum.
Der Andere Teil führt in den Realraum, wo wir mit sachkundigen und engagierten Menschen kooperieren. Dabei haben wir das Thema Volkskultur ganz speziell im Fokus, weil wir nach dem Zweiten Weltkrieg in völlig neue Verhältnisse einer Massenkultur und Unterhaltungsindustrie eingegangen sind.
Dabei vollzog sich dann auch die Digitale Revolution (als Dritte Industrielle Revolution), während die Volksmotorisierung gerade stattgefunden hatte. In den davon forcierten Veränderungen von Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen hat sich unsere kulturelle Situation völlig verändert.
Im Rückblick sehen wir, daß weite Bereiche der vorherigen Volkskultur von kommerziellen Modalitäten durchdrungen wurden und eine davor nicht gekannte Unterhaltungsindustrie zu einer geradezu hegemonialen Kraft wurde. Was tut sich im Kontrast dazu? In diesen Kräftespielen etablierte sich die Popkultur als ökonomisch und künstlerisch relevantes Phänomen. Wo Deutungseliten den kulturellen Zustand Österreichs beschreiben, kommt dafür Volkskultur in der technischen Welt bis heute kaum vor. Parallel hat die Gegenwartskunst Boden gewonnen und damit auch neue Dimensionen des Unverständnisses oder gar der Ablehnung erfahren.
In solchen Zusammenhängen wollen wir neue Möglichkeiten der Wissens- und Kulturarbeit erschließen. Es ist für uns selbst zuweilen verwirrend, in derlei Zusammenhängen eine stichhaltige Gesamtbetrachtung zuwege zu bringen. Um an dieser Komplexität nicht zu scheitern, muß „Mensch und Maschine“ a) prozeßhaft und b) langfristig angelegt sein; in der Hoffnung, es werde uns gelingen, aus der vorerst multidisziplinärem Anordnung eine interdisziplinäre Form zu entwickeln. Das bedeutet, wir müssen sehr unterschiedliche Kompetenzen hereinholen und dafür eine Situation zuwege bringen, in der Fachkräfte ihre Ideen auch auf dem Terrain jeweils anderer Fachgebiete zur Geltung bringen können, dürfen. Solchen Aufgaben ist das Projekt im derzeitigen Status gewidmet. Es zeigt sich daher heute:
Absolviert:
- Projektvorbereitung (Diskurs und Rohplanung)
- Projektphase I (Erste Ausbaustufe und Implementierung im Web)
- Projektphase II (Konsolidierung der Drehscheibe)
- Projektphase III (Rausgehen in den Realraum)
Es gab also eine Projektvorbereitungsphase, in der Maurer und Krusche das Vorhaben erörtert haben und mit anderen Kulturschaffenden diverse Optionen prüften. Dadurch kristallisierte sich eine erste Struktur heraus. Dem folgte die gut gediehene Projektphase I, wie man sie im Status Juni 2017 über Beiträge im Internet nachsehen kann. Projektphase II, derzeit akut, aber noch nicht finanziert, muß von einer Konsolidierung des Projektes handeln, damit eine Art Drehscheibe entsteht, über die andere Kulturschaffende andocken können; auch im Sinne der „Rückkehr in den Realraum“.
In dieser Phase soll eine komplexe Kooperationssituation möglich werden, mit der sich das Projekt auch in realer sozialer Begegnung bewähren kann und für bestehende Kulturinitiativen einen attraktiven Ereigniszuwachs bietet. (Die fruchtbare Zusammenarbeit von Kulturinitiativen ist seit wenigstens vier Jahrzehnten eine steirisches Problemfeld.)
Das Projekt „Mensch und Maschine“ zeigt in der aktuellen Projektphase I, was wir in der kommenden Praxis gründlicher ausloten möchten. Es geht um die Zusammenarbeit
- von sehr großen mit sehr kleinen Institutionen,
- zwischen Landeszentrum und Provinz,
- zwischen Staat und Privat,
- zwischen verschiedenen Genres und Disziplinen,
Dabei muß es uns gelingen, Ehrenamt und Hauptamt auf dem gleichen Terrain einzusetzen, also bezahlte und unbezahlte Arbeit zu kombinieren; auch das ein bewährtes Problemfeld unseres Kulturbetriebs. In diesem Zusammenhang haben Projektvorbereitung und Projektphase I eine Besonderheit ins Blickfeld gerückt. Unzählige kleine Gemeinden verfügen über kein Kulturreferat, keinen Kulturausschuß, meist auch kein Kulturbudget.
In ersten Probeläufen konnten wir schon zeigen, wie unser Modus der kollektiven Wissens- und Kulturarbeit es möglich macht, daß auch Dörfer ohne nennenswerte Ressourcen für solche Vorhaben in anspruchsvolle Projekte einsteigen können.
Das ist aber nur einer der Aspekte, mit dem die Kooperationsvarianten so unverzichtbar erscheinen, denn wir sind gesamtgesellschaftlich mit großen Themen und Herausforderungen konfrontiert, angesichts derer wir uns mit diesem Modus der kollektiven Anstrengung handlungsfähig fühlen.