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Item: Taschenuhr#

(Taschenuhr 899013)#

von H. Maurer

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Beim Aufräumen fand ich unlängst eine alte Taschenuhr von meinem Vater, Bild links. Mir war nicht bewusst gewesen, dass sie in meinem Besitz war, aber ich konnte mich vage erinnern, dass mein Vater, als ich ein Kind war, die Uhr manchmal öffnete um mir das schöne Uhrwerk zu zeigen, Bild rechts.

Wenn man genau schaut (Bild zum Vergrößeren anklicken) sieht man einige rot gefärbte Lager. "Edelsteine" hatte mir Vater erklärt. (Es sind tatsächlich kleine Rubine). Auf dem Ziffernblatt fand ich die Inschrift "International Watch Co. Schaffhausen".

Existiert diese Firma noch, fragte ich mich, und: wie alt ist die Uhr? Ich bin kein Uhrenkenner, sonst hätte mir der Name der Firma etwas bedeutet, denn "International Watch Co. Schaffhausen" ist das einzige Unternehmen in der Ostschweiz, das Luxusuhren herstellt, freilich heute nicht mehr Taschenuhren ("fob watches") sondern Armbanduhren, in einer Preiskategorie von 400 bis zigtausend Euro. Das Unternehmen, abgekürzt I.W.C war im WWW leicht zu finden. Es ist nach wie vor in Schaffhausen ansäßig, aber international aktiv, mit einem Flag-Ship Shop in Hongkong.

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Uhrdeckel innen
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Uhrdeckel innen

Die Webpräsenz bietet umfangreiche Informationen, etwa dass I.W.C von einem amerikanischen Uhrmacher Florentine Ariosto Jones im Jahr 1868 gegründet wurde: Jones wollte amerikanisches know-how mit schweizerischer Handwerkskunst zusammenbringen und war mit dieser Idee offenbar erfolgreich.

Die umfangreichen Beschreibungen machten mich neugierig. Insbesondere, als ich las, dass an der Innenseite des Deckels Informationen eingraviert sind. Ungeschickt öffnete ich die Uhr und fotografiert das Innere genau so ungeschickt, Bild links. Dabei faszinierte mich vor allem das links sichtbare winzige Symbol, das offenbar etwas Schriftliches enthielt, und die eingravierte Nummer 899013.

Die winzige Punze zu fotografiern war nicht einfach, Bild rechts. Ergab aber dann einerseits "PROBUS SCAFUSIA" , was ich nach ein bisschen Suche (es gibt ein eigenes Forum dafür) als "Der Stolz Schaffhausen" übersetzen konnte (Probus von "probare" und "Scafusia" als der lateinische Name für Schaffhausen). Zwischen den beiden Worten steht die Abkürzung I.W.C umrahnt von zwei Bögen.

Noch mehr faszinierte mich die Seriennummer 899013, denn I.W.C hat bis heute diese Seriennummern verfügbar: Damit konnte ich feststellen, dass die Uhr aus dem Jahr 1929 stammt!

Nun war ich aber doch neugierig: Warum hatte mein Vater 1929 oder kurz danach diese Uhr bekommen, eine Uhr die (wenn ich sie reinigen und warten lasse - auch das bietet I.W.C selbst für so alte Uhren an!) einen Verkaufwert von ca. 1.000 Euro haben würde.

Mein Vater war damals einer der führenden Industrieglasbläser Wiens, der z.B. für die chemischen Institute der Universität komplexe Apparaturen aus Glas fertigte, übrigens auch für die damals größte Essigfabrik Österreichs, Enenkel, die drei Geschwistern gehörte, eines davon meine Mutter. Mein Vater lernte sie über seine Arbeit an Laborgeräten aus Glas kennen. Dass in einem Labor dieser Firma später der internationale Durchbruch bei Gärungsprozessen, die "submerse Gärung" gelang, sei am Rande erwähnt.

Zurück zu meinem Vater. Er war ursprünglich aus ärmlichen Verhältnissen und hatte als Angestellter sicher nicht das Geld, sich so eine teure Uhr zu kaufen. Wer hatte sie ihm geschenkt? Nach einigen Recherchen in Tagebüchern hatte ich die Antwort: Es war das Geschenk seiner Firma. Als Danke zum Jubiläum von 10 Jahren als leitender Glasbläser!

Ich schließe diese kurze, so persönlich gefärbte Geschickte mit dem Bild einer gewarteten Uhr aus der selben Fertigung, in der man die Schönheit natürlich besser erkennt.

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I.W.C. Taschenuhr, ca. 1929, Foto: Mstroh, 2015, Wikicommons, unter CC BY-SA 4.0