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Austernriff in Korneuburg als Fenster in Vergangenheit#

Es gibt auch Hinweise auf Tropenstürme oder Tsunamis, die sich damals ereignet haben.#


Von der Wiener Zeitung (Montag, 2. November 2015) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

WZOnline/APA


Austernriff in Korneuburg - das größte freigelegte fossile Austernriff der Welt
Die Zeit, in der sich das größte freigelegte fossile Austernriff der Welt entwickelt hat, fällt mit dem Beginn einer ausgedehnten Warmphase - dem "miozänen Klimaoptimum" - zusammen.
© APAweb, Mathias Harzhauser

Wien. Knapp unter einen Meter lang sind die größten fossilen Austern in den versteinerten Ablagerungen in einer fossilen Meeresbucht, die vor mehr als 17 Millionen Jahren im heutigen Korneuburger Becken (NÖ) existiert hat. Dieses "Fenster in die Vergangenheit" gibt auch Hinweise auf Tropenstürme oder Tsunamis, die sich damals ereignet haben, erklärte der Paläontologe Mathias Harzhauser.

Die Zeit, in der sich das größte freigelegte fossile Austernriff der Welt entwickelt hat, fällt mit dem Beginn einer ausgedehnten Warmphase - dem "miozänen Klimaoptimum" - zusammen. Damals schwammen in der Weinviertler Bucht mit ihren ausgedehnten Sumpflandschaften und Inseln, wo sich das Süßwasser aus einer Flussmündung mit dem Salzwasser des Meeres mischte, Haie, Rochen, Seekühe oder Alligatoren.

"Hydrodynamisches Ereignis" erforderlich#

Eine der drängendsten Fragen der Forscher ist, wie es dazu kam, dass die rund 50.000 Schalen umfassende Struktur "dort so liegen kann", so Harzhauser, der die Geologisch-Paläontologische Abteilung am Naturhistorischen Museum (NHM) Wien leitet. Dazu brauche es ein "hydrodynamisches Ereignis", also etwa einen "riesigen Sturm oder einen Tsunami. Das Gemeine an der Sache ist, dass beides zu dieser Zeit dort ohne weiteres möglich war", erklärte der Forscher. Einerseits waren in dem heißen Klima Tropenstürme sehr wahrscheinlich, andererseits begann die Auffaltung der Alpen, die leicht Tsunamis auslösen konnte.

Um über diese und andere Fragen mehr zu erfahren, setzen die Forscher des NHM in Kooperation mit der Technischen Universität (TU) Wien seit 2013 im Rahmen des vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts "Smart Geology" moderne Technologien zur digitalen 3D-Vermessung des Riffs sowie zur Datenverarbeitung und Visualisierung ein. Trotz des technischen Aufwandes könne man zur Zeit noch nicht sagen, ob es nun Stürme oder Tsunamis waren, die das Riff entstehen ließen. Die Forscher gehen aber von mindestens vier zeitlich auseinanderliegenden Ereignissen aus. Darauf lässt sich aufgrund der verschiedenen Muschelarten aus vermutlich voneinander getrennten Ökosystemen schließen.

Kurzfristige "Schnappschüsse"#

Da die Bodensedimente in der Korneuburger Bucht "sehr fein aufzeichnende Medien sind", können die langfristigen Umweltbedingungen vor Millionen Jahren gut analysiert werden, was aus geologischer Sicht sehr spannend sei. Im Gegensatz zu diesem durchgehenden, sich langsam verändernden Bild, liefert das Riff mit seiner speziellen Entstehungsgeschichte immer wieder noch genauere, kurzfristige "Schnappschüsse" aus der Vergangenheit.

Anhand ihres Wachstums und Analysen der Zusammensetzung der Austern zeigen sich sogar jahreszeitliche Muster: Man erkennt etwa besonders heiße und trockene Sommer oder niederschlagsreiche Winter. "Anhand der ältesten untersuchten Muschel können wir vierzig Jahre des Klimas vor mehr als 16 Millionen Jahren beobachten und das ist schon recht nett für Geologen und Paläontologen", so Harzhauser. Diese Daten zum beginnenden Klimaoptimum seien auch aus Sicht aktueller und zukünftiger Entwicklungen interessant: Denn laut dem Wissenschafter ist zu befürchten, dass auch uns nun eine Klimakrise mit Temperaturanstieg bevor steht.

Einblicke in die vergangene Welt erhalten Interessenten wieder nach der Wintersperre (bis 15. April 2016) in der rund um den spektakulären Austernriff-Fund eingerichteten "Fossilienwelt Weinviertel".

Information#

Das Projekt "Smart Geology"

Publikationen zum Thema: Die "Fossilienwelt Weinviertel" im Internet

Wiener Zeitung, Montag, 2. November 2015


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