Bedrohen nicht-heimische Tiere unsere Fauna und Flora?#
Wolfgang Rabitsch
Vorkommen und Verbreitung der Tier und Pflanzenarten werden im zunehmenden Ausmaß durch den Menschen geprägt.
Das Schlagwort der „biologischen Homogenisierung“, also das durch den Menschen verursachte Zusammentreffen ursprünglich räumlich getrennter Arten, wird in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit vermehrt wahrgenommen.
Für Österreich sind derzeit rund 500 gebietsfremde Tierarten (Neozoen) bekannt, das ist nur wenig mehr als 1 % der insgesamt in Österreich vorkommenden Tierarten. Fast zwei Drittel entfallen dabei auf Insekten, innerhalb derer sind vor allem Käfer und Pflanzenläuse vertreten. Die meisten dieser Arten sind unauffällig und vermutlich auch unproblematisch, einige sind jedoch zu Problemfällen geworden.
Der Fasan wird gehegt, die Regenbogenforelle besetzt, die Kastanienminiermotte, der Kartoffelkäfer und der Asiatische Laubholzbockkäfer bekämpft. In allen genannten Fällen stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund der Beurteilung.
Aber auch für den Naturschutz sind Neozoen bedeutsam. Gebietsfremde Tierarten können mit heimischen Arten in Konkurrenz um Ressourcen treten oder diese direkt schädigen (z. B. fressen), sie können Parasiten und Krankheiten übertragen oder durch Hybridisierung den Genpool verändern. Darüber hinaus sind auch Auswirkungen auf höheren Komplexitätsebenen bekannt – wie z. B. die Veränderung von Räuber-Beute- oder Wirt- Parasit-Beziehungen, von räumlich-strukturellen Lebensraumeigenschaften oder der Einfluss auf evolutionär-genetische Prozesse.
Als wichtigste Einfuhrwege von terrestrischen Neozoen nach Österreich sind der unbeabsichtigte Import mit Zier- und Nutzpflanzen, Vorratsprodukten und der Holzimport zu nennen. Neozoen besiedeln in Österreich vor allem Städte sowie land- und forstwirtschaftlich genutzte Standorte. Im äquatischen Bereich ist mit der Errichtung des europäischen Binnenwasserstraßensystems ein für die Verfrachtung von Lebewesen bedeutender Transportweg geschaffen worden.
Prognosen, welche Arten sich in Zukunft ansiedeln werden, sind angesichts der sich ändernden Rahmenbedingungen (z. B. Klimawandel) schwierig. Es ist aber zu vermuten, dass biologische Invasionen und deren Bedeutung für den Naturschutz global und auch in Mitteleuropa zunehmen werden.
Es besteht zwar kein Grund zur Panik, aber noch weniger besteht Anlass zur Sorglosigkeit. Das Vorsorgeprinzip (u. a. keine Freilassung von Tieren, spezielle Regelungen für Holz- und Pflanzenimporte) und ein erhöhtes Maß an Verantwortungsbewusstsein (inkl. der Haftbarmachung im Falle nachweisbarer Schäden) sind notwendige Schritte im Umgang mit Neozoen.
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch: