Operations Research #
Von Ulrike Leopold-Wildburger, Herbst 2017Betrachtet man die historische Entwicklung, kann man bereits in den 40er und 50er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts militärische Anwendungen insbesondere in den USA und in GB mit Schwerpunkten zu Transportproblemen der Truppen zu Lande, zu Wasser und in der Luft finden. Dazu gehören einzelne Detailberechnungen über die Dimensionierung der Geleitzüge und die Modellierung von (Bombadierungs-) Strategien.
In diese Zeit fällt ein Meilenstein bezüglich der Berechnung von konkreten Lösungen: Georg B. Dantzig entwickelt in den 40er Jahren den sogenannten Simplex-Algorithmus der linearen Optimierung, der schließlich 1947 publiziert wird. Mit Hilfe dieses Verfahrens ist es für praktische Probleme möglich, ein Ziel (die lineare Zielfunktion) unter gewissen Bedingungen (die Mittel zur Lösung des Planungsmodells) nicht nur zu modellieren und zu erreichen, sondern sogar das zugehörige Optimum zu bestimmen.
Die lineare Optimierung (auch: lineare Programmierung) stellt eine der wichtigsten Grundlagen des Operations Research dar und bildet die Basis für eine Reihe von Anwendungen, wie beispielsweise für Produktionsplanung und für Transportprobleme. Darüber hinaus lassen sich mit Hilfe des Simplex-Algorithmus optimale Strategien für einfache Zwei-Personen-Spiele im Sinne der Spieltheorie berechnen. Entscheidungstheorie und mathematische Theorie der Spiele haben insbesondere am Beginn der Entwicklung des Operations Research einen wesentlichen Beitrag zu den Anwendungen geleistet.
In der linearen Optimierung geht man von linearen Zielfunktionen und linearen Nebenbedingungen aus und dafür existiert bereits eine breite Palette effizienter Standard-Software mit Anwendungsbereichen der Transport-, Produktions- und Verschnitt-Planung.
Das Gebiet der ganzzahligen und kombinatorischen Optimierung vergrößert die Thematik signifikant und erschwert Lösungen deutlich. Deshalb haben sich dort (neben den exakten Methoden) gewisse Heuristiken besonders stark durchgesetzt. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in diesem Bereich die allgemeine Standardsoftware nur für spezielle Fragestellungen einsetzbar ist.
Neben verschiedenen geeigneten Optimierungsmethoden hat sich in den letzten Jahren die Verfügbarkeit von Daten und vor allem eine deutliche Erweiterung leistungsfähiger Soft- und Hardware ergeben, sodass die Zusammenarbeit mit den Informatikern heutzutage gar nicht mehr wegzudenken ist. Andererseits hat man mit wachsenden Problemen erkannt, dass mit sinnvollen Meta-Heuristiken oft zumindest deutliche Verbesserungen erreicht werden können.
Allerdings ist die Realität keineswegs immer linear und deshalb muss die Forschung über die lineare Programmierung hinausgehen. Das große Gebiet der nicht-linearen Optimierung ist offensichtlich realitätsnäher, wobei allerdings keineswegs jedes Problem lösbar ist. Dabei können sowohl in der Zielfunktion als auch in den Nebenbedingungen nicht-lineare Größen Verwendung finden. Wenngleich damit erreicht wird, dass beispielsweise Rabatte oder Effekte einer Kostendegression modellierbar werden, erschwert die Nichtlinearität die Lösbarkeit deutlich. Einen Ausweg stellt dabei die Approximation durch stückweise Linearisierung dar.
Während bislang von vorwiegend statischen Problemen die Rede war, umfasst die dynamische Optimierung Probleme, die in verschiedene Stufen zerlegbar sind. Das ist ein breites Anwendungsgebiet der Bestellmengenplanung und Losgrößenplanung, in denen rekursiv vorgegangen wird. Wachstumsmodelle, Kontrolltheorie und dynamische Spiele bedürfen komplexer mathemaischer Methoden, die meist aus dem Bereich von Differentialgleichungssystemen stammen.
Warteschlagentheorie, Graphentheorie und Netzplantechnik ergänzen den Bereich des modernen Operations Research und zählen zu den häufigsten Problemen aus dem Alltag. Ein populäres Thema ist die Untersuchung des Funktionierens von Service- und Bedienungsstationen, wie Schalter oder Kassen. Um dergleichen Modellierungen überhaupt durchführen zu können, ist es oft sinnvoll, einzelne Handlungsalternativen theoretisch zu untersuchen und durchzuspielen: damit ist das Gebiet der Simulation angesprochen, wo viele Kenngrößen zur Beurteilung des Systemverhaltens erfasst und schließlich ausgewertet werden. Damit ist der Bogen zu der Softwareentwicklung wieder geschlossen und die Breite des Gebiets des Operations Research mit diversen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften, insbesondere mit der Betriebswirtschaftslehre dokumentiert.