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Einen Almdudler auf Alois Mock#

Gerald Freihofners Fußnoten#


Von der Wiener Zeitung freundlicherweise zur Verfügung gestellt (Samstag, 4. Juli 2009)


An dieser Stelle soll heute noch einmal einer der bedeutendsten Politiker der Zweiten Republik gewürdigt werden: Alois Mock, der im Juni seinen 75. Geburtstag feierte.

In den meisten Medien kam der Anlass, sich an die historischen Leistungen des ÖVP-Ehrenobmanns Alois Mock zu erinnern, zu kurz. Vielleicht auch deshalb: Von ihm sind im kurzatmigen Journalismus keine aufregenden News mehr zu erwarten. Viele der berichtenden Youngsters wissen wahrscheinlich gar nicht, was er getreu seinem Motto "In unserer Liebe zu Österreich soll uns niemand übertreffen“ für dieses Land geleistet hat.

In der Politischen Akademie in der Wiener Tivoligasse ist noch bis Mitte Juli die vom Karl von Vogelsang-Institut kenntnisreich zusammengestellte Ausstellung „Ein Politikerleben im Spiegel von Fotografien“ zu sehen. Darunter natürlich jenes Bild, das Außenminister Alois Mock vor 20 Jahren gemeinsam mit seinem damaligen ungarischen Ressortkollegen Gyula Horn beim Durchschneiden des Eisernen Vorhangs zeigt. Es hat die politische Bewegung in den kommunistischen Ländern derart beflügelt, dass sie alle noch im selben Jahr 1989 ihre Freiheit gewannen.

Erinnert wird natürlich auch daran, dass Mock als Parteiobmann (1979 bis 1989) die ÖVP nach 17 Oppositionsjahren wieder in die Regierung führte, wobei auf Platz eins lediglich 90.000 Stimmen fehlten. Besonders beeindruckend sind die Bilddokumente, die zeigen, wie Mock Österreich auf Europakurs brachte, aus den Beitrittsverhandlungen als "Held von Brüssel" hervorging und am Abend der Volksabstimmung über 66 Prozent Ja-Stimmen für Europa jubeln konnte.

Dies alles schaffte er, weil er Visionen hatte, eine umfassende (auch Herzens-)Bildung, unbändigen Fleiß und eine sagenhafte Hartnäckigkeit. Ein Beispiel, das der frühere ORF-Chefredakteur Gerhard Vogl in einem seiner Anekdoten-Büchlein festgehalten hat: Als in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1994 die Verhandlungen um einen Beitritt Österreichs zur EU immer wieder zu scheitern drohten, weckte der damalige Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel den begeisterten Europäer Erhard Busek telefonisch aus dem Schlaf: „Du Erhard, es ist schrecklich. Wir sind jetzt im Stadium Almdudler.“ Busek: „Was soll des, i versteh’ di net.“ Schüssel: „Der Alois Mock schaltet auf stur und stellt si des so vor: Wann die kan Almdudler ham, fahr’n ma wieder ham.“ Schlussendlich setzte sich Mock, wiewohl er wie schon so oft vorher seine Gesundheit strapazierte, mit seiner Zähigkeit wieder einmal durch.

Bisweilen überlege ich, ob ich nicht doch während seiner ÖVP-Obmannschaft sein Angebot hätte annehmen sollen, zentraler Kommunikationschef der damals noch großen Volkspartei zu werden: Die Vorstellung, mit ihm zu arbeiten und von ihm zu lernen, fasziniert. Indes: Ich sagte ab. Erstens wollte ich mich nie ohne Wenn und Aber an eine Partei binden. Zweitens kenne ich manche der journalistischen Kollegen zu gut, als dass ich mich – was der Job verlangt hätte – anbiedern wollte...

Anteil an seinen Gedanken gewährte er mir dennoch dann und wann: etwa bei Zweier-Gesprächen beim Heurigen Wolff in Neustift. Nach zwei Achterl fragte ich ihn, ob noch Zeit für ein drittes sei. Mock, der nur Apfelsaft trank (wie konnte er als Abstinenzler gerade in Niederösterreich seine große Karriere starten?) daraufhin: "Ja natürlich." Und in Anbetracht der alkoholgeschwängerten Atmosphäre: "Ich trink nichts mehr, ich spür's schon."

Und dann kam wieder einer seiner gescheiten Sätze, die gerade in Tagen wie diesen ihre Bedeutung zurückgewinnen: "In einer funktionierenden Koalition spricht man dieselbe Sprache, aber verschiedene Dialekte."

Ad multos annos, Alois Mock!

Wiener Zeitung, Samstag, 4. Juli 2009