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Mann der Grundsätze und Widersprüche#

Nachruf#


Von

Hubert Feichtlbauer


Von der Furche freundlicherweise zur Verfügung gestellt (Donnerstag, 10. September 2009).


Österreich ist Olah einigen Dank schuldig: Für die Aussöhnung, die Demokratie, für sein Profil.#

Franz Olah
Franz Olah (1910 - 2009)
© FURCHE/Foto: APA/Shalager

Ein Mann der Widersprüche: Ja, das war Franz Olah, der im Ständestaat, in Hitlers KZ und auch gegen eine verpolitisierte Republikjustiz für die Demokratie kämpfte. Parteiintern zählte Basisdemokratie nicht zu seinen Prioriäten.

Für populistische Aktionen hatte er viel übrig – nicht nur, als er sie selbst betrieb, sondern auch bei anderen (Jörg Haider eingeschlossen). Aber er sagte immer offen seine Meinung. Das gibt es: Populist sein ohne schleimige Anbiederung! Sozialistische Weltanschauung lag in seinen Genen – sie hinderte ihn nicht, am Sturz führender SPÖ-Politiker zu werken.

Dass er zum Brückenbauer zwischen katholischer Kirche und Arbeiterschaft wurde, stand im Einklang mit seiner vehementen Ablehnung der SP-Freidenker schon in der Ersten Republik. „Betonköpfe“ nannte er später jene, die das Versöhnungswerk zu torpedieren suchten, und meinte Leute wie Josef Hindels und Eduard Weikhart – vor allem aber Christian Broda, dessen Politstart bei den Kommunisten er nicht vergessen hatte. Warum war Olahs Schicksal besiegelt, als er 1963 Geheimakten in die TV-Kamera hielt? Er prangerte doch deren Missbrauch an? Ja schon, aber einige führende Genossen, sicher Broda, verstanden sehr gut die Drohung: Ich hab’ euch in der Hand!

Gespräche mit Kardinal König#

Als der neue Erzbischof von Wien, Franz König, beim ÖGB-Präsidenten Olah anfragen ließ, ob es Probleme geben würde, wenn er künftig bei Pfarrbesuchen auch Betriebe besuchen würde, kam die Antwort prompt: Garantiert nicht! Obwohl man den Intellektuellen Bruno Kreisky für den kongenialen Gesprächspartner des Kardinals halten mochte, redete der sich mit dem gelernten Klaviermacher aus Hernals viel leichter. Das erste Gesprächsprotokoll König/Olah stammt aus dem Jahr 1957!

In der Wahl seiner politischen Mittel war Olah nie zimperlich. Auch Geld war für den persönlich immer höchst bescheiden lebenden Ausnahmepolitiker ein Mittel zum Zweck. Der Zweck war nie persönliche Bereicherung, sondern immer politisch. Nach 20 Jahren Großer Koalition wollte er die SPÖ, wie Wolfgang Schüssel später die ÖVP, aus ihren Fesseln befreien. Olah steckte der FPÖ einen Packen Geld zu – das trug ihm 1969 ein Kerkerjahr ein, weil das Gericht annahm, er habe Gewerkschaftskonten geplündert. Olah blieb immer dabei: Es kam aus einem „Sonderprojekt“ zur Verteidigung der Demokratie, für das er von US-Gewerkschaften Geld bekommen hatte.

Wegen der eingeklagten Besicherung eines Kredits mit einem ÖGB-Sparbuch für die Gründung der Kronen Zeitung 1959 musste er nicht ins Gefängnis. Der Prozess war aus einem anderen Grund wichtig: Es wurde heftig gestritten, ob die Krone wirklich Dichand und Falk oder doch dem ÖGB oder vielleicht nur Olah gehörte. Olah vor Gericht: "Mir nicht." Dichand jetzt zu seinem Tod: "Ich bin Franz Olah großen Dank schuldig."

Noch viel größeren Dank schuldet Franz Olah die Republik Österreich: für seine Verdienste um die Aussöhnung nicht nur von Staat und Kirche, sondern auch der Sozialpartner ("Raab-Olah-Abkommen" 1961), für die Verteidigung der Demokratie gegen den kommunistischen Putschversuch 1950 – und für seine Ecken und Kanten, ohne die Politik zu Hirne vernebelnder Fadesse verkommt.


FURCHE, 10. September 2009


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