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unbekannter Gast

Wo unsere Präsidenten urlauben #

Das kaiserliche Jagdschloss in Mürzsteg ist seit 1947 Sommersitz der Bundespräsidenten. Wie wird es der nächste damit halten?#


Mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt von der Kleinen Zeitung (Sonntag, 22. Mai 2016)

Von

Franz Pototschnig


Jagdschloss in Mürzsteg
Jagdschloss in Mürzsteg
Foto: LUNGHAMMER/SOMMER

Grießnockerlsuppe, Rindsbraten und Panamatorte – das gab es am 1. August 1980 für König Hussein von Jordanien und seinen Hofstaat. Meta Schönauer erinnert sich noch sehr gut an diesen Tag, sie führte das Gasthaus Schönauer, gleich gegenüber dem ehemaligen kaiserlichen Jagdschloss in Mürzsteg, und sie kochte an diesem denkwürdigen Tag für 106 Personen auf: „88 davon waren bei mir im Gasthaus, die hochrangigen Gäste speisten mit Bundespräsident Kirchschläger im Jagdschloss“, erinnert sie sich noch genau: „Ich kochte, ein Chefkoch aus dem Wiener Palais Pallavicini verteilte alles auf die Teller, und zwei Butler servierten den hohen Gästen. Der Chefkoch weigerte sich, mein Essen zu kosten, damit ihn keine Verantwortung trifft, wenn es nicht schmeckt.“

Die Sorge war unbegründet, es schmeckte allen ausgezeichnet, und auch anderen Gästen schmeckte Meta Schönauers Essen, von den arabischen Erdölministern bis Prinz Henrik von Dänemark. Besonders schätzten ihre Küche die Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger und Kurt Waldheim, die sie in ihrem Gasthaus oft zu Gast hatte. Eine Präsidentenvilla in der Nachbarschaft kann also durchaus das Geschäft beleben. Und das nicht erst seit Kirchschläger, sondern seit den Zeiten der Monarchie.

Kaiserliches Jagdhaus #

Begonnen hat es im Jahr 1869, als sich der knapp 40-jährige Kaiser Franz Joseph I. inmitten der kaiserlichen Jagdgebiete bei Neuberg an der Mürz ein Jagdhaus bauen ließ. Als leidenschaftlicher Jäger kam Franz Joseph gern und oft nach Mürzsteg, Kaiserin Elisabeth begleitete ihn, sie kam aber nicht zum Schießen, sondern zum Reiten nach Mürzsteg.

Ehepaare Fischer und Ban / Wirtin Meta Schönauer / Bgm. Karlheinz Mayer / der Salon des Jagdschlosses
Ehepaare Fischer und Ban / Wirtin Meta Schönauer / Bgm. Karlheinz Mayer / der Salon des Jagdschlosses
Fotos: LUNGHAMMER/SOMMER (4), POTOTSCHNIG (3), APA

Weil das Jagdhaus für den kaiserlichen Hofstaat bald zu klein wurde, ließ es der Monarch 1879 und dann noch einmal 1903 vergrößern, seitdem wird von einem „Jagdschloss“ geredet. Von außen ist es ein überdimensioniertes Jagdhaus, innen ist es aber durchaus herzeigbar und wurde auch immer wieder für politische Gespräche in entspannter Atmosphäre genutzt. So war etwa im Jahr 1903 Zar Nikolaus II. zu Gast bei Franz Joseph. Die beiden unterzeichneten dort die „Mürzsteger Protokolle“, in denen die Zukunft des Balkans geregelt wurde – mit wenig Erfolg, wie man weiß.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Habsburger enteignet, das Jagdschloss ging an die junge Republik. Ein kleines Museum wurde eingerichtet, der Rest an Sommergäste vermietet. 1947 erhielt das Jagdschloss wieder eine offizielle Funktion – es wurde Sommersitz der österreichischen Bundespräsidenten.

Ban Ki-moon und andere #

Alle acht Präsidenten haben die „Präsidentenvilla“, wie sie jetzt heißt, genutzt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Heinz Fischer, der das Jagdhaus bei seinem Amtsantritt angeblich sogar verkaufen wollte, ist das Jagdschloss und die Region richtig ans Herz gewachsen. Er war mit Gattin Margit nicht nur oft zum Wandern dort, er hat auch viele Staatsgäste in Mürzsteg empfangen, darunter mehrmals UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, viele Staatspräsidenten und die gesamte Bundesregierung.

„Mürzsteg bietet sehr viel, und zwar Einfaches, aber umso Wertvolleres“, sagt Fischer. Er schätzt die „Ruhe und die Gelegenheit zu ausführlichen, ungestörten Gesprächen und zu erholsamen Wanderungen“, wie er betont.

Das Jagdschloss ist also ein beliebter Kontrapunkt zur Wiener Hofburg, auch was den Umgang mit Medien betrifft: „Wir haben zwölf Jahre lang das einstige Jagdschloss als Rückzugsort für den Präsidenten betrachtet und Medien den Zutritt verweigert“, sagt Bruno Aigner, der Sprecher von Heinz Fischer. Daran wird jetzt, sechs Wochen vor der Amtsübergabe, auch nicht gerüttelt. Aktuelle Bilder von innen gibt’s deshalb nicht, aber das Gebäude ist „durchweht vom Hauch der Monarchie, mit alten Möbeln und unzähligen Jagdtrophäen an den Wänden“, wie es ein Insider beschreibt.

Kostenlos und unbezahlbar #

Wie der nächste Präsident, der heute gewählt wird, zum Jagdschloss Mürzsteg steht, wird sich weisen. Karlheinz Mayer war 20 Jahre lang Bürgermeister der 550-Einwohner-Gemeinde Mürzsteg, bis sie 2015 mit Neuberg fusioniert wurde. Er war oft zu Gast im Jagdschloss und sieht eine Belebung des Tourismus durch die Präsidenten. Er wünscht sich einen Nachfolger, der oft und gerne nach Mürzsteg kommt: „Das war immer eine kostenlose und unbezahlbare Werbung für unseren kleinen Ort“, lacht er.

Präsident Thomas Klestil (Mitte)
Verbrachte viel Zeit in Mürzsteg: Präsident Thomas Klestil (Mitte)
Foto: APA
Herma und Rudolf Kirchschläger
Volksnahe Gäste in Mürzsteg: Herma und Rudolf Kirchschläger
Foto: APA
Margarete und Franz Jonas
Margarete und Franz Jonas gingen gern unter die Leute
Foto: APA

Chronik #

  • 1869 ließ Kaiser Franz Joseph I. in Mürzsteg ein Jagdhaus im Schweizer Stil erbauen.
  • 1879 und 1903 wurde das Jagdhaus zum „Schloss“ erweitert.
  • 1883 wurde für seine Gattin Sisi ein Reitsteg angelegt.
  • 1886 wurde Fließwasser eingeleitet, die Ausstattung blieb dennoch eher bescheiden.
  • 1918 übernahm die Republik das Schloss von den Habsburgern.
  • Seit 1947 ist das Jagdschloss die Sommerfrische der österreichischen Bundespräsidenten.

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