Buddhismus für alle Lebenslagen #
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: DIE FURCHE, Donnerstag, 23. Mai 2013
Buddhistischer Reli-Unterricht In den vergangenen 30 Jahren seit der Anerkennung hat sich viel getan. Die Angebote für Buddhist(inn)en in Österreich reichen jetzt quasi „von der Wiege bis zur Bahre“; von der Kleinkindergruppe zur buddhistischen Jugendgruppe über die einzelnen Angebote unterschiedlicher Gruppen und Traditionen bis zum Buddhistischen Hospiz.
Durch die staatliche Anerkennung wurde auch die Möglichkeit einer buddhistischen Gefangenenbetreuung und des Religionsunterrichtes sowie das Angebot einer Buddhistischen Gefangenenbegleitung geschaffen. Und es gibt das „Netzwerk Achtsame Wirtschaft“ sowie ein Buddhistisches Gesundheits- und Beratungsnetz.
Von der Wiege...#
Eltern, die ihre Kinder in Österreich in einem buddhistischen Umfeld sozialisieren wollten, fanden viele Jahre keine Möglichkeit dazu. Das hat sich geändert: seit Herbst 2010 finden allmonatlich Kleinkinder-Nachmittage im Buddhistischen Zentrum am Wiener Fleischmarkt statt. Im Zen-Tempel, einem großen Raum mit Holzparkett und unzähligen Sitzpölstern, mit einem Altar am hinteren Ende, ist jeden letzten Donnerstag im Monat alles für die kleinen Besucher und ihre Mütter vorbereitet.
Mira und Albin sind zwei der fünf Kinder, die an diesem Nachmittag mit ihren Müttern gekommen sind. Sie schmücken eingangs den Buddha-Altar mit Blumen und zünden -mit Hilfe der Großen - die Räucherstäbchen an. Karin Ertl leitet die Kindergruppe. Sie ist buddhistische Religionslehrerin für Kinder im Pflichtschulalter. Über Karate kam sie zum Zen-Buddhismus erzählt sie, und praktiziert ihn seit Jahren gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem erwachsenen Sohn. „Wichtige Inhalte, leichte Meditationspraktiken und Atemübungen können aber bereits ganz kleinen Kindern beigebracht werden“, sagt Ertl.
Um die Übungen kindgerecht zu machen, bringt Karin Ertl immer einen großen Teddybären mit in die Gruppenstunden. Mit seiner Hilfe machen Atemübungen noch mehr Spaß.
Buddhistischer Reli-Unterricht#
Karin Ertl ist auch Fachinspektorin für buddhistischen Religionsunterricht für Wien, Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich. Der Religionsunterricht wird schülerzahlenbedingt in der Grundstufe wie auch in der Oberstufe meist als schulstufen- bzw. schulübergreifender Unterricht geführt.
„Ich gehe gern in den buddhistischen Religionsunterricht, weil ich dort meine Freunde treffe“, erzählt der 11-jährige Niko aus Wien. Seiner jüngeren Schwester gefallen besonders die Meditationen. Als im Schuljahr 1993/94 der Religionsunterricht begann, war das europaweit ein Novum. 1995 wurde das auch durch den Dalai Lama gewürdigt.
1993 hatte der Unterricht mit drei Lehrern und circa 25 Schülern begonnen, im Schuljahr 1999/2000 waren es bereits 130 Schüler, die von acht Lehrern in sechs Bundesländern unterrichtet werden, erinnert sich Karin Ertl. Bis 2004 hatte sich die Anzahl der buddhistischen Religionslehrer verdoppelt und die Anzahl der Schüler ebenfalls.
Begleitung von Gefangenen #
Durch die staatliche Anerkennung der ÖBR wurde auch die Möglichkeit einer buddhistischen Gefangenen-betreuung in österreichischen Haftanstalten geschaffen – und seit 1995 auch konkret angeboten, sagt Thule Jug von der Buddhistischen Gefangenenbegleitung „Brücke“.
Der erste Häftling, den Thule Jug betreut hat, habe ihm bei der Entlassung das Einbruchswerkzeug geschenkt und gemeint, „das brauch ich jetzt nicht mehr“, erzählt der Gefangenenbegleiter. Das Wort „Seelsorger“ ist im buddhistischen Zusammenhang nicht angebracht; Thule Jug spricht lieber von „Gefangenenbegleitung“ – „weil wir keine Seele haben, für die wir sorgen könnten“.
Doch so lautet die gesetzliche Formulierung der geprüften Seelsorger, schmunzelt der Buddhist und erzählt von der guten Zusammenarbeit mit den Seelsorgern anderer Religionen. „Schuld ist kein Thema“, betont Jug und meint bescheiden, dass er nicht viel anbieten könne. Doch die Häftlinge hätten Zeit, und so hätten sie die Möglichkeit zu meditieren und diese Zeit einfach sinnvoll zu nutzen.
Buddhistisches Hospiz etc. #
„Geburt und Tod sind im Buddhismus untrennbar miteinander verbunden. In der buddhistischen Erkenntnistheorie gibt es keinen Anfang und kein Ende“, sagt der pensionierte Arzt Fridolin Stögermayer, Obmann des „Mobilen buddhistischen Hospizes“. Ehrenamtliche Hospizbegleiter(innen) betreuen Menschen in der letzten Phase ihres Lebens, Buddhisten und andere, in stationären Einrichtungen und zu Hause. „Achtung und Respekt sind zentrale Maxime des Buddhismus“, sagt Stögermayer weiter. Und dass jedem Lebewesen das leidet, Mitgefühl entgegenzubringen sei. Der große Unterschied beim „Mobilen Buddhistischen Hospiz“ sei aber der Ansatz, „dass es nicht ein Mit-Leid sondern ein Mit-Fühlen ist. Es ist nicht meine Situation, sondern die des Betroffenen, und wenn ich die Hände frei habe, dann kann ich helfen“, stellt der pensionierte Urologe fest.
...bis zur Bahre #
Auch Nirvana und Wiedergeburt sind zentrale Begriffe des Buddhismus. „Das ist aber schwer zu beschreiben“, meint Fridolin Stögermayer. Der vom Bewusstsein verlassene Körper eines Buddhisten wird in der Regel feuerbestattet.
Am Wiener Zentralfriedhof gibt es seit 2005 eine eigene buddhistische Abteilung. Auch hier war Österreich Vorreiter, denn eigene buddhistische Friedhöfe sind außerhalb der buddhistischen Kernländer Asiens kaum vorhanden.
In Wien wurde nach erfolgreichen Gesprächen von Vertretern der ÖBR im Herbst 2003 eine Bodeneinsegnung vorgenommen und mit der konkreten Planung und schließlich auch dem Bau begonnen. Am 23. Mai 2005, dem Vesakh-Fest, wurde damals der Stupa – ein im Zentrum der Anlage stehender Sakralbau – von Mönchen aller in Österreich vertretenen buddhistischen Richtungen eingeweiht.
Die Gräbergruppen sind in Form eines achtspeichigen Rades um den Stupa angelegt; die acht Rad-Segmente symbolisieren den edlen achtfachen Pfad des Buddhismus. (mh)