Der Baumgarten#
Gibt es in der Zukunft Bäume oder nur einen "Baumgarten"? Die Zerstörung der Natur geht in riesigen Schritten voran. Jährlich sterben hunderte Tierarten aus, werden hunderttausende Quadratkilometer Wald vernichtet, werden Millionen Tonnen fossiler Stoffe (Öl, Erdgas, Kohle) verbrannt, wird mehr Giftmüll in die Meere geschüttet ...
Im Jahr 2060 hat man in den größeren Städten nicht nur einen Tiergarten (wo Tiere, die man sonst nie sehen kann, bewundert werden können), sondern auch einen Baumgarten eingerichtet: unter einer Glaskuppel hegt und pflegt man die letzten Exemplare jener sonst schon längst ausgestorbenen Pflanzenarten.
Der Wiener Baumgarten mit 3 großen Eichen, mit der 1000-jährigen Linde, die man aus Millstatt hierher gerettet hat, mit einigen Tannen, Fichten, Lärchen, Buchen, ja selbst mit einer kleinen Sammlung von Obstbäumen (deren seltene Blüten liebevoll mit kleinen Pinseln bestäubt werden) ist eine besondere Rarität und Kostbarkeit und für Kinder, die das erste Mal hierher kommen, ein überwältigendes Erlebnis: wie wenig beeindruckend ist doch etwa ein Löwe im Vergleich zu den Rieseneichen (die von der Größe her an die Saurier aus den Büchern erinnern); wie bescheiden und klein kariert erscheint doch das Huhn im Tiergarten, das angeblich einmal am Tag ein Ei legt, wo doch hier an einem meterhohen Baum hunderte Äpfel gleichzeitig reifen.
Übrigens, wenn man alle Fragen beim Preisausschreiben über die Bäume richtig beantwortet und man ein bisschen Glück hat, erhält man als ersten Preis sogar einen wirklichen Apfel! (Nebenbei - so ein echter Apfel schmeckt echt komisch; die überall erhältlichen Instant-Apple sind eigentlich sehr viel aromatischer und enthalten das lästige Kerngehäuse nicht). Mit Verwunderung und Staunen gehen so die Kinder durch den Baumgarten. Nicht etwa verwundert oder besorgt, dass man alle diese Bäume, die es (angeblich) früher alle einmal überall gab, heute nur mehr im Baumgarten findet, sondern verwundert, dass sich so eigentümliche Lebewesen wie Bäume überhaupt in großen Zahlen so zäh bis ins 21. Jahrhundert retten konnten. Offenbar mussten diese Bäume ja ein großes Ärgernis gewesen sein, wenn sie überall im Weg herumstanden, bei starkem Wind oder im Alter umstürzten, viele von ihnen durch jährlichen Blattabwurf große Mengen Mist (und Ungeziefer!) verursachten, usw.
Wie gut, dass es Löwen, Bären, Klapperschlangen und all diese vielen komischen Baumarten heute in der Freiheit nicht mehr gibt!
Dieser Aufsatz ist aus dem Buch "Der Anfang" aus der XPERTEN-Reihe.