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Rundfunkpionier Rudolf Henz#

Am 12. 2. 1987 verstarb der Rundfunkpionier und langjährige Programmdirektor, Professor Dr. Rudolf Henz. Im Mai jenes Jahres hätte er seinen 90. Geburtstag gefeiert. Mit ihm verlor der Österreichische Rundfunk den letzten der großen alten Männer, die sowohl den Rundfunk der Ersten Republik als auch die Entwicklung von Hörfunk und Fernsehen nach 1945 maßgeblich mitbestimmt haben. Der ORF verdankt ihm sehr viel. Viele Reformen und Neuerungen sind auf ihn oder zumindest auf seine Initiativen zurückzuführen. Die Errichtung des Schulfunks, grundlegende Programmreformen vor und nach dem Jahre 1933, der Wiederaufbau des Österreichischen Rundfunks nach dem Zweiten Weltkrieg und Wiedervereinigung der vier Besatzungssendergruppen zum Österreichischen Rundfunk und schließlich die Einführung des Fernsehens waren Ereignisse, an denen er wesentlichen Anteil hatte. Nach seinem Ausscheiden als Programmdirektor im Jahre 1957 blieb er dem Unternehmen als Mitglied des Programmbeirates verbunden. Neben seiner Rundfunktätigkeit war Professor Henz vor allem Literat. Sein letztes großes Werk, der Roman "Die Geprüften", erschien erst vor etwas mehr als einem Jahr. Es ist der letzte Band einer Trilogie, in der die Zeitgeschichte Österreichs der letzten 60 Jahre poetisch aufgearbeitet wurde.

Ein Waldviertler aus katholisch-konservativem Milieu#

Geboren wurde Rudolf Henz am 10. Mai 1897 in Göpfritz an der Wild im Waldviertel. Sein Vater war dort Volksschullehrer. Er wuchs im katholisch-konservativen Milieu auf. Die Beamtenloyalität seines Vaters zur Monarchie färbte auf den jungen Henz ab, wie er in seiner Autobiographie "Fügung und Widerstand" berichtet. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, riss ihn die allgemeine Kriegsbegeisterung ebenso mit wie seine Alterskollegen. Wie viele Siebzehnjährige hatte er Angst, der Krieg könnte zu Ende sein, ehe er die Front jemals gesehen habe. Die Furcht war unbegründet. Henz kämpfte als Offizier in einem Bosniakenregiment. Schwer von einer Krankheit gezeichnet, gelangte er nach dem Zusammenbruch der Monarchie in einem der überfüllten Heimkehrerzüge von der albanischen Südfront nach Wien zurück. Das Chaos des Zusammenbruchs hat er in seinem Roman "Die Gaukler" literarisch verarbeitet. Seine intellektuellen Interessen waren aber stärker als sein militärischer Ehrgeiz. Noch in Uniform - ausgezeichnet mit dem Kronenorden - nahm er an der Wiener Universität das Studium in Germanistik, Mathematik und Physik auf. Die beiden letzteren Fächer vernachlässigte er später zugunsten von Kunstgeschichte. Nach Abschluss des Studiums verdiente er sich sein Brot als Rechnungsbeamter bei der Postsparkasse. In seiner Freizeit arbeitete er an Romanmanuskripten und als freier Mitarbeiter in Friedrich Funders REICHSPOST.

Einer der ersten Rundfunkteilnehmer#

Rudolf Henz war einer der ersten,die eine Rundfunkempfangsbewilligung erhalten haben. Das erhaltene Dokument trägt das Datum 30. September 1924, er hat es zeitlebens respektvoll aufbewahrt. Über Vermittlung Friedrich Funders wird Henz Mitglied der Wiener Volksbildung. Sehr früh erkennt er die Zeichen der neuen Zeit: "Wir leben in einem Zeitalter der Technisierung" schreibt er bereits 1926 und zählt die wichtigsten Volksbildungsinstrumente der Zukunft auf: Dies sind Lichtbild, Film, Presse und der Rundfunk.

Im Herbst 1930 wird Rudolf Henz in den RAVAG-Beirat entsandt. Das war eine Zeit, in der eine umfassende Reform des Gesamtprogramms diskutiert wurde. Auf Vorschlag der Christlich-Sozialen wird er Direktor der wissenschaftlichen Abteilung der RAVAG. In seiner Antrittsrede verkündet Henz programmatisch: "Nehmen wir den Rundfunk als größte Tribüne der geistigen Auseinandersetzungen, ich hätte den Willen dazu, auch den Mut." In den zwei Jahren, die ihm unter demokratischen Verhältnissen vergönnt waren, wird er zum Vorreiter einer offenen und ehrlichen Diskussion zwischen seiner eigenen Weltanschauung und der der Sozialdemokraten (mit deren geistigen Führer er in persönlicher Freundschaft stand).

Ein innovativer Programm-Macher#

Die Öffnung der Programminhalte erforderte auch neue aktuelle Programmformen. Henz bringt Diskussionen und Zwiegespräche in den Rundfunk, gebaute wissenschaftliche Zeitberichte und die ersten außenpolitischen Kommentare (die damals Dr. Ernst Molden sprach). Als erster stellte er sich mit seiner Arbeit dem Urteil der Hörer. Im Herbst 1931 beauftragte er den später als Mentor der empirischen Sozialforschung berühmt gewordenen Wiener Paul Felix Lazarsfeld mit der Durchführung der ersten Hörerbefragung. Den zweiten entscheidenden Schritt setzte Henz im Jahre 1932 mit der Einführung des Schulfunks.

Im Dienste des autoritären Ständestaats#

Im Jahre 1933 ist die Demokratie in Österreich zu Ende. Die Christlich-Sozialen errichten einen Polizeistaat. Rudolf Henz geht diesen Weg aus Überzeugung mit. Er glaubt, dies sei der einzige Weg, die immer stärker werdenden Nationalsozalisten abzuwehren. Er vertraut darauf, dass sein Schulkollege aus der Mittelschulzeit, Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, die Geschicke der Republik leiten wird. Als im Juni 1933 der Rundfunkkrieg zwischen Theodor Habicht und Kanzler Dollfuß beginnt, stellt sich Henz auf die Seite des Kanzlers. Henz wird daraufhin Leiter des propagandistischen Abwehrkampfes gegen die Nationalsozialisten. Er wird dadurch zu deren "Todfeind". In der Liste der Todeskandidaten der Putschisten vom 25. Juli 1934 steht der Name Henz ganz oben. Der Putsch misslingt. In den folgenden Jahren bis 1938 bekämpft er den Nationalsozialismus mit seinen Waffen, im Rundfunk, in der Vaterländischen Front, in Film- und anderen Beiräten: er ist der Kulturpolitiker des Ständestaates, der Schuschniggs Annäherung an Hitler am meisten missbilligt.

1938 entlassen nach 1945 Programmdirektor #

Der Anschluss 1939 bedeutet für ihn auch die Entlassung aus dem Rundfunk. Das Dritte Reich überlebt er als katholischer Schriftsteller und als Kirchenrestaurator im Stift Klosterneuburg. Der erst 1985 erschienene Roman "Die Geprüften" ist der Zeit des wiedererstehenden österreichischen Nationalbewusstseins gewidmet. Obwohl er in der Autobiographie bekennt, lieber Schriftsteller geblieben zu sein, folgt er sofort nach Kriegsende dem Ruf Leopold Figls und leitete gemeinsam mit Oskar Czeija den Wiederaufbau des Österreichischen Rundfunks. Aber auch im P.E.N.-Club, im Kunstsenat und an vielen anderen Orten leistet Henz hervorragenden Anteil am Wiederaufbau des geistigen und kulturellen Lebens Österreichs. Im Hörfunk steht sein Name an erster Stelle, wenn es um die Frage der Wiedervereinigung der vier Besatzungssendergruppen zu einem einheitlichen österreichischen Rundfunkwesen geht.

Als Programmdirektor von Radio Wien, der er von 1945-1957 war, beginnt er im Herbst 1946 mit der Ausstrahlung eines zweiten Programms: Es soll ausschließlich dem regionalen kulturellen, geistigen und politischen Leben dienen. Bis in die fünfziger Jahre ist der Rundfunk ständig bedroht von den Übergriffen der Besatzerzensoren. Henz wehrt so gut es geht ab, was abzuwehren ist. Im Mai 1955 erhält Österreich den Staatsvertrag. Am 1. August startet das Österreichische Fernsehen sein Versuchsprogramm.

Neben vielen hervorragenden Technikern steht dieses Verdienst vor allem Rudolf Henz zu (noch 1957 überlegt man, ihn für diese Leistung zum Fernsehdirektor zu machen). Mit der Gründung der Österreichischen Rundfunk Ges.m.b.H. im Dezember 1957 sieht Rudolf Henz sein Lebenswerk als vollendet. Seine Erfahrung stellt er jedoch dem Unternehmen bis 1966 durch seine Mitarbeit im Programmbeirat zur Verfügung. Bis zu seinem Tode am 11. Februar 1987 blieb Rudolf Henz Beobachter und Mahner, stets kritisch und wachsam gegenüber dem Österreichischen Rundfunk als auch dem gesamten Geistesleben. Die Lücke, die sein Tod hinterlässt, ist noch nicht absehbar.

RUDOLF HENZ
1897-1987
Oberleutnant im ehemaligen bosnisch-herzegowinischen Infanterieregiment Nr. 2
Träger des Ordens der Eisernen Krone
Träger des Komturkreuzes des Gregoriusordens mit dem Stern
Magistralritter des Souveränen Malteser Ritterordens
Träger des Großen österreichischen Staatspreises für Literatur 1953
Träger des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich 1954
Träger des Preises der Stadt Wien für Dichtkunst 1956
Träger des Ehrenringes der Stadt Wien 1967
Träger des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst 1971
Ehrenmitglied des Österreichischen P.E.N.-Clubs
Ehrenmitglied des Österreichischen Schriftstellerverbandes
Ehrenmitglied des Presseclubs Concordia
Mitbegründer und langjähriger Programmdirektor
des Österreichischen Rundfunks
Mitbegründer der internationalen katholischen Rundfunkvereinigung UNDA
Präsident der Katholischen Aktion Österreichs in den Jahren 1948 bis 1958
Gründer und Ehrenpräsident des Katholischen Zentrums für Film, Funk und Fernsehen
Gründungsmitglied, Präsident, später Ehrenpräsident des Österreichischen Kunstsenats
Mitbegründer, Präsident, später Ehrenpräsident der Forschungs- und Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur

Quelle#

"Ventil", Zeitschrift der ORF-Mitarbeiter, Wien, Nr. 2/1987

--> Siehe dazu auch Sender Bisamberg


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