Flattern, wo der Pfeffer wächst#
Forschungsteam entschlüsselt Evolution von Nachtfaltern#
Die Bergregenwälder der tropischen Anden sind eine der artenreichsten Regionen auf unserem Planeten. Warum gerade dort so viele Arten leben und wie und wann sie entstanden sind, ist in der Fachwelt umstritten und für die meisten Tiergruppen noch völlig ungeklärt. Ein internationales Forschungsteam um Patrick Strutzenberger von der Universität Wien sowie Kooperationspartnern aus Deutschland und Tschechien ist der Evolution einer artenreichen Gattung von Nachtfaltern auf die Spur gegangen und hat herausgefunden, warum diese evolutionär so erfolgreich sind. Die Ergebnisse dazu sind kürzlich im Fachjournal "PLoS One" erschienen.
Bereits Darwin und Wallace stellten sich die Frage nach dem Ursprung der immensen Biodiversität in tropischen Regenwäldern. Diese ist jedoch noch immer nur unzureichend beantwortet. Eine Antwort darauf wäre dabei nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern auch bedeutsam zur Implementierung wirksamer Naturschutzmaßnahmen. So ist bisher nur unvollständig untersucht, wann diese Ökosysteme entstanden sind und welche biotischen und abiotischen Einflüsse die heutige Fauna geprägt haben. ForscherInnen um Patrick Strutzenberger vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien haben in ihrer aktuellen Studie eine wenig auffällige, aber sehr artenreiche Tiergruppe aus den südamerikanischen Bergregenwäldern näher untersucht.
Bei der Nachtfalter-Gattung Eois handelt es sich um kleine Falter aus der Familie der Spanner (Geometridae), deren Flügelmuster aber erstaunlich vielfältig sind. Eois-Falter kommen hauptsächlich in Mittel- und Südamerika vor, sind aber in deutlich geringerer Artenzahl auch im tropischen Asien und Afrika vertreten. Die Raupen der Eois-Falter sind seit langem dafür bekannt, hauptsächlich Blätter von Pfefferpflanzen zu fressen, zu denen auch der aus der Küche bekannte schwarze Pfeffer gehört. Aus Mittel- und Südamerika wurden bisher etwa 200 Arten beschrieben – vorangegangene Untersuchungen derselben ForscherInnengruppe haben jedoch gezeigt, dass die wahre Artenzahl um ein Vielfaches höher liegt.
In der Studie wurde die DNA von insgesamt 220 Arten sequenziert, um deren Verwandtschaftsbeziehungen aufzuklären und festzustellen wie alt diese Gruppe von Nachtfaltern ist. Dabei fanden die ForscherInnen heraus, dass die Diversifizierung dieser Falter nahezu zeitgleich mit der Auffaltung der Anden erfolgte und sich die Artbildung erst während der Eiszeiten im Pleistozän verlangsamt hat. Die meisten der untersuchten Arten sind bisher nur aus sehr kleinräumigen Gebieten in Süd- bzw. Mittelamerika bekannt. Es ist daher zu befürchten, dass die massiv fortschreitende Entwaldung und Zerstörung ihrer Lebensräume viele dieser Arten in ihrer Existenz bedrohen, noch bevor die Tiere genauer untersucht werden können.
Durch die Neuschaffung und Umformung von Bergen und Tälern wird der Lebensraum vorhandener Arten durchschnitten, wodurch neue Arten entstehen können. Weiters haben die WissenschafterInnen entdeckt, dass schon die Raupen des "Ur-Eois" vor etwa 25 Millionen Jahren wahrscheinlich Pfeffer gefressen haben. Mehrere Untergruppen sind im Lauf der Evolution dann jedoch auf andere Pflanzen umgeschwenkt, während die meisten Pfefferfresser geblieben sind. "Wir gehen daher davon aus, dass die Evolution von Eois einerseits durch die Neubildung von Lebensräumen während der Andenauffaltung und andererseits durch die Besiedelung von neu entstandenen Pflanzenarten angetrieben wurde", erklärt Strutzenberger.
Publikation in PLos One:#
Patrick Strutzenberger, Gunnar Brehm, Brigitte Gottsberger, Florian Bodner, Carlo Lutz Seifert, Konrad Fiedler: Diversification rates, host plant shifts and an updated molecular phylogeny of Andean Eois moths (Lepidoptera: Geometridae). In: PLoS ONEhttps://doi.org/10.1371/journal.pone.0188430
Wissenschaftlicher Kontakt#
Patrick StrutzenbergerDepartment für Botanik und Biodiversitätsforschung Division of Tropical Ecology
Universität Wien
1030 - Wien, Rennweg 14
+43-1-4277-574 11
patrick.strutzenberger nospam@TUGraz.at @univie.ac.at
Rückfragehinweis#
Stephan BrodickyPressebüro der Universität Wien
Forschung und Lehre
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-175 41
stephan.brodicky nospam@TUGraz.at @univie.ac.at