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Christoph von Hagke. Neuer Geologie-Professor erforscht Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Gebirgsbildung#

Christoph von Hagke hat am 1. Oktober 2020 eine Professur für Geologie an der Universität Salzburg übernommen. Davor arbeitete er u.a. an der RWTH Aachen und am California Institute of Technology (Caltech). Im Fokus seiner Forschung stehen die Wechselwirkungen zwischen Gebirgsbildungsprozessen und Klimaänderungen in der Vergangenheit und Gegenwart, zum Beispiel im Alpenvorland.#

Christoph von Hagke
Christoph von Hagke
Foto: Kolarik

Die Geologie in Salzburg will er zu einem Angelpunkt für interdisziplinäre Forschung ausbauen und so noch mehr internationale Studierende gewinnen.

„Es hört sich nach Elfenbeinturm an, wenn sich Geologen mit Prozessen beschäftigen, die vor 10, 50 Millionen Jahren stattgefunden haben. Aber das Gegenteil ist der Fall. Was wir machen, betrifft jeden. Nicht nur Häuslbauer, die den Untergrund kennen müssen. Sondern jetzt mit der Klimakrise betrifft es buchstäblich jeden einzelnen von uns,“ sagt Christoph von Hagke, der - in der Nachfolge von Franz Neubauer - seit 1. Oktober 2020 Professor für Geologie an der Universität Salzburg ist.

An der Wechselwirkung zwischen Klima und Tektonik (Gebirgsbildung) forschen viele Geowissenschaftler. Was zeichnet von Hagkes Forschung zu dieser Thematik aus? „Die meisten Gruppen sind geomorphologisch ausgerichtet, das heißt sie untersuchen, wie sich die Topographie verändert hat. Es geht dabei um Prozesse nahe an der Erdoberfläche, um Landschaftsentwicklungsmodelle. Ich untersuche aber zusätzlich auch Vorgänge, die in der tieferen Erde stattfinden. Ich verbinde die Gesteinsmechanik - also wie Gesteine deformieren, brechen oder gefaltet werden - mit der Thermochronologie. Diese Kombination ist wichtig, um die Reaktion von gebirgsbildenden Prozessen auf Klimaschwankungen zu verstehen. Ich möchte in Salzburg ein neues Labor aufbauen, das beide Aspekte verbindet.“

Mit der Thermochronologie lässt sich die Abkühlgeschichte der Gesteine datieren - anhand von bestimmten in den Gesteinen enthaltenen Mineralen (z.B. Apatite), die Uran in ihr Kristallgitter einbauen. Die Temperatur von Gesteinen verrät Details über die Gebirgsbildung. Die Thermochronologie ist quasi ein Klimalabor. „Das Klima beeinflusst die Erosion von Gebirgen. Wenn wir also Änderungen der Erosion feststellen können und das dann auch mit klimatischen Änderungen koppeln, können wir verstehen, wie Gebirge auf den Klimawandel in der Vergangenheit reagiert haben und daraus Rückschlüsse ziehen, was heute und morgen passiert.“

Tatsache ist, dass sich die Erde wahrscheinlich aktuell schneller erwärmt als in allen Erwärmungsphasen der Erdgeschichte. Warmzeiten und Eiszeiten hängen mit dem CO2 Gehalt in der Atmosphäre zusammen. „Es gab Atmosphären, die einen deutlich höheren CO2 Gehalt aufwiesen als heute. Das können wir aus den Gesteinen ableiten. Wir wissen, wie die Erde z.B. in der Kreidezeit oder im Paläozän und Eozän ausgeschaut hat. Damals haben sich an den Polkappen die Krokodile wohlgefühlt. Man hat die entsprechenden Fossilien gefunden. Wenn wir die Erderwärmung nicht massiv bremsen, überschreiten wir die gefährlichen Kipppunkte und könnten Ende dieses Jahrhunderts Verhältnisse wie damals erreichen,“ sagt der Geologe. Mögliche Einwände, dass ein solches Horrorszenario den Verdacht einer Übertreibung wecken könnte, weist er zurück. „Dass das kein Alarmismus ist, stütze ich auf die geologische Vergangenheit, die uns zu solchen Prognosen führt.“

Von Hagke hat die Gebirgsbildungsprozesse in den Alpen, in Island, auf Naxos, in Namibia, im Oman, in Thailand und Taiwan untersucht. Besonders Taiwan ist laut dem Wissenschaftler auch für die Erforschung der Alpen relevant. Denn in Taiwan laufen Vorgänge, die in den Alpen sehr lange dauern, im Rekordtempo ab. In dem Inselstaat bewegen sich die Kontinentalplatten um 9 cm pro Jahr aufeinander zu. Außerdem erhöht das feuchte Klima die Erosionsraten. „Deswegen kann man die Wechselwirkung zwischen Tektonik und Klima in Taiwan besonders gut studieren.“

Aktuell forscht der 43Jährige u.a. im Alpenvorland. Er untersucht mit seinem Team den geologischen Untergrund, was im Hinblick auf Geothermie-Anwendungen von wirtschaftlicher Bedeutung auch für Salzburg sein könnte. „Untergrundmodelle zeigen, dass Geothermie in Österreich möglich ist und die Gesteine um Salzburg dazu beitragen können, Geothermie besser zu verstehen.“

Von Hagkes Arbeit ist stark interdisziplinär ausgerichtet. Er führt Untersuchungen vom Gebirgsmaßstab bis zur Nanometerdimension durch und vergleicht Langzeit- und Kurzzeit-Raten, also Zeitskalen von Millionen Jahren und solche von Wochen. Die Europäische Geowissenschaftliche Union (EGU) hat ihn für seine Arbeit mit dem „Outstanding Early Career Scientists Award 2020“ ausgezeichnet.

Die Geologie an der Universität Salzburg will von Hagke - zusammen mit seinen Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen - zu einem international sichtbaren Angelpunkt interdisziplinärer Forschung machen, auch um noch mehr international Studierende zu gewinnen. Die traditionell engen Verbindungen, die die Geologen an der Universität Salzburg zu den Geographen, Biologen, Materialwissenschaftlern und Physikern haben (ein Umstand, den von Hagke als großen Standortvorteil für Salzburg sieht) sollen weiter ausgebaut werden.

„Die Geologie ist eine integrierende Wissenschaft. Sie ist nicht nur ein bindendes Element innerhalb der Naturwissenschaften ist, sondern bildet auch eine Brücke zwischen Natur- und Geisteswissenschaften. Diese Rolle nimmt sie durch ihre Wurzeln in der Philosophie und ihre Anbindung an die Naturwissenschaften vor allem in den letzten 200 Jahren ein.“ Von Hagke sieht bei der Geologie auch Berührungspunkte mit der Kunst. Nicht nur ästhetischer Natur, sondern auch materiell zum Beispiel bei den Rissmustern (Krakeelen) alter Gemälde. Deren Struktur entspreche exakt der Felsmechanik.

Christoph von Hagke (geb. am 9. Juni 1977 in München) wuchs in Bad Aibling auf. Nach dem Abitur und einer abgeschlossenen Lehre als Maschinenbaumechaniker (Schlosser) studierte er an der RWTH Aachen Geologie, Schwerpunkt Sedimentologie (von 2002 bis 2008). Danach am GFZ Potsdam war der Forschungsfokus gerichtet auf die Kopplung von Klima und Tektonik mit der Methode der Thermochronologie. 2012 Dissertation. Anschließend als Postdoc am California Institute of Technology (Caltech) (von 2012 bis 2014), ab 2014 als Privatdozent an der RWTH Aachen, unterbrochen von einem Gastforschungsaufenthalt an der Université des Antilles in Guadeloupe 2019. Am 1. Oktober 2020 übernahm er an der Universität Salzburg eine Professur für Geologie. Nicht nur beruflich sondern auch in seiner Freizeit geht von Hagke sehr gern mit seiner Familie in die Berge.

Kontakt:#

Univ.-Prof. Dr. Christoph von Hagke Fachbereich
Geographie und Geologie Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS)
Hellbrunnerstraße 34/III
5020 Salzburg
t.: +43 662 8044-5401
christoph.vonhagke(at)sbg.ac.at