Mit den Augen der Biene#
Zoologe der Uni Graz entwickelt Verfahren zur Verbesserung dunkler Bilder#
Der Mensch lernt von der Natur, die Technik auch. Am Beispiel zweier Insektenarten konnte der Zoologe Assoz. Prof. Dr. Manfred Hartbauer an der Karl-Franzens-Universität Graz diese These nun wieder bestätigen. Er nutzt den Sehsinn von nachtaktiven Bienen und des Wiener Weinschwärmers – eines nachtaktiven Schmetterlings – für eine innovative Bildverbesserungsmethode. Nachtaufnahmen und unterbelichtete Fotos werden so mittels einfacher Berechnungen in Sekundenschnelle qualitativ verbessert. „Die Bilddaten kann man in einem programmierbaren Speicherchip parallel auf Ebene der Pixel (Bildpunkte) rechnen lassen“, so der Forscher. Die Erfindung, die vor allem im medizinischen Bereich und in der Automobilindustrie zukünftig eine Rolle spielen könnte, ist zum Patent angemeldet.
„Für Insekten ist das Sehen im Dunkeln überlebenswichtig. Sie brauchen sehr empfindliche Augen, um gezielt nach Futter suchen zu können“, erklärt der Wissenschafter. Diese bemerkenswerte Sinnesleistung inspirierte Hartbauer dazu, eine Nachtsichtmethode zu entwickeln. Der Ursprung des Prinzips liegt dabei in der Anatomie der Augen der kleinen Tierchen: Sowohl der Wiener Weinschwärmer als auch die nachtaktive Biene Megalopta genalis, die in Panama heimisch ist, sehen bei Mond- und Sternenlicht ihre Umgebung und können unter diesen schlechten Lichtbedingungen auf Futtersuche gehen. „Nachtaktive Bienen haben um ein Vielfaches empfindlichere Augen als ihre Artverwandten, die Honigbienen. Sie eignen sich hervorragend als Modell für diesen Algorithmus“, führt er aus. Auf Basis von bereits bekannten Forschungsdaten von Prof. Eric Warrant konnte Hartbauer seine Methode entwickeln. Das Prinzip: Die komplexen Augen der Insekten bestehen aus vielen Ommatidien, kleinen Einzelaugen, die zu einem Facettenauge zusammengefasst sind und dabei Licht aus einem größeren Raumwinkel sammeln. Das steigert die Empfindlichkeit“, weiß Hartbauer. Herkömmliche Verbesserungsmethoden haben den Nachteil, dass das Sensorrauschen der Bilder nach der Bearbeitung verstärkt wird. Anders arbeitet der Bienenalgorithmus: Hier wird der Kontrast von unterbelichteten Fotos angehoben und das Rauschen gleichzeitig vermindert – ohne dabei wertvolle Details zu verlieren.
Ein direkter Vergleich mit mehreren derzeit verfügbaren Bildoptimierungs-Verfahren hat gezeigt, dass die Qualität eines mit dem Bienenalgorithmus bearbeiteten Fotos ähnlich oder sogar besser ist. „So rechnet die mathematisch hochkomplexe BM3D Methode sehr lange, unser System ist da wesentlicher schneller. Durch eine Kooperation mit KollegInnen vom FH Joanneum und von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Radiologische Diagnostik sollen hochauflösende Mammographiebilder auf einem programmierbaren Chip in ca.0,5 Sekunden nachbearbeitet werden“, erklärt Hartbauer. Dadurch kann laut ersten Tests mit einem Dummy die Röntgenstrahlung für die Brustkrebsvorsorge um bis zu 20% verringert werden. Und das bei gleichbleibender Bildqualität. Die Anwendungsgebiete für den Bienenalgorithmus sind recht vielseitig. Sie reichen von der Überwachungstechnik, Fluoreszenzmikroskopie über die Autoindustrie bis hin in den medizinischen Bereich.
Die Langversion des Textes ist in der aktuellen UNIZEIT, dem Forschungsmagazin der Universität Graz, erschienen