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Michael Göbl:

Österreichische Flaggen in der Monarchie#

Franz I. in Zara
Franz I. in Zara

Im Jahre 1818 bereisten Kaiser Franz I. und Kaiserin Karolina Augusta mit einer österreichischen Eskadre (Geschwader) Dalmatien, um die nach dem Wiener Kongress im Jahre 1815 neu erworbene Provinz besser kennenzulernen und in Besitz zu nehmen. Eindrucksvoll sind die Schiffe, darunter das Flaggschiff „Dragone“, und das Empfangsgebäude im Hafen der Hauptstadt Zara (Zadar, Kroatien) überreich mit österreichischen Flaggen geschmückt. Das Beiboot mit Kaiser Franz I. ist mit der persönlichen schwarz-gelben Fahne (Standarte) des Kaisers gekennzeichnet. Das Fahnenblatt zeigt im gelben Feld den schwarzen Doppeladler mit dem kleinen genealogischen Wappen als Brustschild und ist von einer schwarz-gelben und rot-weißen Flammenbordüre gesäumt.

Im heutigen Sprachgebrauch werden Fahne und Flagge meistens gleichbedeutend verwendet. Beide wollen durch Farbe und Form eine bestimmte Aussage sichtbar machen. Tatsächlich sind die beiden Symbolträger jedoch zu verschiedenen Zeiten entstanden und von unterschiedlicher Bedeutung. Das Wort Fahne ist im Mittelalter aus dem althochdeutschen „fano, van, vane“ entstanden, sprachlich gleichbedeutend mit „Tuch“ und hat den gleichen Stamm wie Banner (pannus, Panier). Von ihrer Funktion her diente sie schon seit dem Altertum als Feldzeichen, Herrschafts- und Lehenssymbol. Die Fahne war ein weithin sichtbares Zeichen im Kampf (Gonfanon, die Kriegsfahne), als Zeichen des Anführers, also des Fürsten, auch in seiner Eigenschaft als Landesherr. Mit dem Aufkommen des Wappenwesens im 12. Jahrhundert beginnen sich die auf den Fahnen angebrachten Zeichen zu verfestigen und zu unverwechselbaren Erkennungszeichen zu werden. Das Fahnentuch ist an einem Stock befestigt und stellt in seiner Gesamtheit ein Symbol dar. Deshalb wird das Tuch, wenn es zerschlissen ist, auch nicht erneuert, sondern die Fahne in ihrer ursprünglichen Form als Ganzes ersetzt. Dadurch erlangte die Fahne gewissermaßen einen heiligen Status, der sich heute noch in den Begriffen Fahneneid, Fahnenflucht oder Tag der Fahne niederschlägt und auch in Redensarten, wie „die Fahne hochhalten“ widerspiegelt.

Das Wort Flagge ist viel jüngeren Datums und verbreitete sich im deutschen Wortschatz erst mit dem Aufschwung der Schifffahrt im 16./17. Jahrhundert. Es kommt aus dem Niederdeutschen, wobei die Verwandtschaft mit dem englischen Wort „flag“, dem niederländischen Wort „vlag“ oder dem dänischen Wort „flag“ unverkennbar ist. Flaggen wehen daher zunächst ausschließlich von Schiffen, die damit einem Staat oder Schiffseigner besser zugeordnet werden konnten. Die Flagge ist ein Stück Tuch, das mittels oder an einer Leine an einem Mast gehisst wird und nach Bedarf ersetzt werden kann. Daher gibt es in der Schifffahrt auch Flaggschiffe, Flaggoffiziere und ein Flaggenalphabet.

Die einstigen Bedeutungsunterschiede von Fahne und Flagge werden heute in der öffentlichen Meinung nur noch wenig beachtet. Sogar der Artikel 8a des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes aus 1981, der die österreichische Nationalfahne regelt, stellt fest:

„Die Flagge der Republik Österreich besteht aus drei gleich breiten waagrechten Streifen, von denen der mittlere weiß, der obere und untere rot sind.“ (Art. 8a Abs. 2 B-VG)

Die Flaggen von Bundesbehörden tragen noch zusätzlich und exklusiv das Bundeswappen, den freischwebenden schwarzen Adler in der Mitte, um ihre amtliche Autorität zu hervorzuheben. Diese Unterschiede (Fahnen mit oder ohne Adler) sind Vielen jedoch nicht bewusst, wenn sie beispielsweise bei Sportveranstaltungen (Fußball , Skilauf) die Adlerfahne schwenken, um ihre Mannschaft anzufeuern.

Betrachtet man die heutige österreichische Fahne, wie sie von Bundesbehörden verwendet wird (eine Kombination von Wappen und Fahne), so sind darin alle jene Elemente zu sehen, wie sie schon anfangs des 13. Jahrhunderts vorkommen: Die drei Farben und der Adler. Zusammen mit der dänischen Fahne zählt daher die österreichische zu den ältesten staatlichen Symbolen Europas.

Am Beginn der Geschichte der österreichischen Fahne steht der einköpfige schwarze Adler, den der Babenberger Heinrich II. Jasomirgott anlässlich der Erhebung Österreichs zum Herzogtum 1156 im Wappen angenommen hatte. Als Nachweis des Aussehens können nur die Reitersiegel herangezogen werden, die von seinen Nachfolgern Leopold V., Friedrich I. und Leopold VI. überliefert sind. Die auf den Siegeln ersichtlichen Fahnen zeigen als Wiederholung des Schildbildes den selben Adler. Der letzte Babenberger, Herzog Friedrich II. ,tauschte jedoch den bisher geführten Adlerschild und die Adlerfahne gegen den rot-weiß-roten Bindenschild aus. Damit betrat diese Farbenzusammenstellung zum ersten Mal die heraldische Bühne. Die Hintergründe für den Wappenwechsel und die Herkunft des Bindenschildes sind nicht eindeutig geklärt. Politische Umstände und verfassungsgeschichtliche Entwicklungen im 13. Jahrhundert könnten die Ursachen sein, die einen Wechsel vom kaiserlichen Amtszeichen (Adler) hin zu einem eigenständigen Wappen bewirkten. Als die Babenberger 1246 ausstarben und sich der böhmische König Ottokar II. Premysl der österreichischen Länder bemächtigte, übernahm er den Bindenschild bereits ganz selbstverständlich als Landeswappen. Die älteste bildliche Darstellung einer österreichischen Fahne ist auf einem Siegel zu sehen. Es handelt sich um ein Reitersiegel von 1254 auf dem sich Otto Graf von Plain als „Signifer Austriae“, also als Träger des Zeichens Österreichs benennt.

Bis zum Ende des Mittelalters taucht die rot-weiß-rote Fahne bei verschiedenen Anlässen auf: Bei kriegerischen Ereignissen, bei zeremoniellen Verwendungen (Belehnungen, Huldigungen, Begräbnissen, Ehrenpforten etc.), auf Siegeln, in Handschriften oder auf Gemälden. Dazu kam, dass das Rot-Weiß-Rot nur das Haus Österreich, den Gesamttitel der Dynastie der Habsburger, kennzeichnete. Als Territorialzeichen bezogen sich die Farben nur auf das heutige Niederösterreich. Die anderen Herzogtümer (Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Tirol etc.) besaßen ihre eigenen Wappen und Fahnen.

Kaiserliche Seeflaggen
Kaiserliche (See)Flaggen
In der frühen Neuzeit tritt die österreichische Fahne zunehmend in den Hintergrund, da die Habsburger Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurden und daher meistens die Reichsfahne als Symbol ihrer höchsten Würde verwendeten. Die rot-weiß-roten Farben wurden nur noch auf dem Brustschild des Reichsadlers sichtbar, als dem Stammwappen der Habsburger. Kaiser Sigismund hat den doppelköpfigen schwarzen Adler auf gelbem Grund als Kaiserwappen und Kaiserfahne eingeführt. Die Fahne wird wie folgt beschrieben: In einem goldenen Feld ein schwarzer doppelter goldbewehrter Adler mit roter Zunge und goldenen Heiligenscheinen.

Der Umstand, dass die Kaiserwürde jahrhundertelang in den Händen der Habsburger verblieb, hatte zur Folge, dass nach und nach das römisch-deutsche Kaiserwappen und die Fahne auch in solchen Fällen als heraldisches Abzeichen gebraucht wurden, in denen es nicht um Reichsangelegenheiten, sondern um spezifisch österreichische Belange ging.

Die Seeflagge 1787
Die österreichische Seeflagge 1787
Die bedeutende Ausweitung seiner Meeresküsten (Österreichische Niederlande, Herzogtum Mailand), die die „Monarchia Austriaca“ in Folge des Spanischen Erbfolgekrieges Anfang des 18. Jahrhunderts erfuhr, bewirkte einen Aufschwung des Seehandels und der Handelsmarine. Dazu kam auch, dass das Großherzogtum Toskana (seit 1737 von Franz Stephan von Lothringen, dem Gatten Maria Theresias, regiert), ebenfalls regen Seehandel betrieb und deshalb die Identifizierung von Schiffen durch Flaggen immer notwendiger wurde. Maria Theresia führte deshalb 1749 eine neue Marineflagge ein: auf gelbem Grund schmale waagrecht laufende schwarze Streifen und im mastseitigen Obereck (Gösch) den kaiserlichen Doppeladler ohne Schwert und Zepter, überhöht von der Kaiserkrone. Dieses Aussehen war bewusst der toskanischen Flagge nachempfunden, um die österreichischen Schiffe unter den Schutz des Friedensvertrages zu stellen, den ihr inzwischen zum Kaiser avancierte Gemahl Franz I. mit den Barbareskenstaaten (nordafrikanische Seeräuberstaaten) 1748 geschlossen hatte. So segelten die österreichischen Schiffe 37 Jahre lang unter der schwarz-gelben „toskanischen“ Flagge, bis der reformfreudige Kaiser Joseph II. eine echte Nationalflagge festlegte. Auf seine Initiative wurde am 20. März 1786 die rot-weiß-rote Seeflagge eingeführt. Sie trug im mastseitigen Drittel des weißen Mittelstreifens den von einer gelben Bordüre eingefassten Bindenschild, überhöht von einer heraldischen Königskrone. Zum ersten Mal ist hier die Bindenschildflagge als „charakteristisches Kennzeichen des ganzen Complexus aller Erbkönigreiche und Länder“ bestimmt worden.

Gemeinsame Hanelsflagge
Gemeinsame Handelsflagge
Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 und dem zwei Jahre zuvor proklamierten Kaisertum Österreich wurde zwar das Wappen modifiziert, in der Fahnenfrage aber kein neues Kapitel eingeleitet, denn die kaiserlichen Farben Schwarz-Gelb blieben auch weiterhin Schwarz-Gelb. Eine einschneidende Veränderung der Fahne brachte erst der Ausgleich mit Ungarn 1867. Anlass war die erste handelspolitische Expedition nach Ostasien und Südamerika zum Abschluss von Handelsverträgen und zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Siam, Japan und China, sowie mit Peru, Chile, und Argentinien. Nun sahen die Ungarn die Stunde gekommen, um ihre Forderung, in der Staatssymbolik (Fahnen und Flaggen) in gleicher Weise vertreten zu sein, durchzusetzen. So wurde 1869 die gemeinsame Handelsflagge geschaffen, mit der symbolischen Parität von Österreich und Ungarn. Der von Josef II. 1786 eingeführten österreichischen Flagge war einfach die ungarische Nationalflagge (Rot-Weiß-Grün mit ungarischer Königskrone) an die Seite gestellt worden.

Die Kriegsmarine hisste jedoch weiterhin die 1786 eigeführte österreichische Flagge. Neben der gemeinsamen Flagge bestanden aber weiterhin auch eine österreichische und eine ungarische Flagge, was vor allem in der Binnenschifffahrt Probleme aufwarf, indem bei Fahrten außerhalb des eigenen Landes ein dreimaliger Flaggenwechsel vorgenommen werden musste. So wehte zum Beispiel auf den Schiffen der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft innerhalb des österreichischen Territoriums die Kriegsflagge, die ident mit der österreichischen Flagge ist, innerhalb des ungarischen Territoriums jedoch die ungarische Nationalflagge. Sobald die Schiffe das gemeinsame Zoll- und Handelsgebiet verließen, wurde die gemeinsame Handelsflagge gehisst.

Wenn jedoch zu Lande in der österreichischen Reichshälfte Fahnen aufgezogen wurden, wie z.B. vor dem Parlament in Wien, so zeigten diese Schwarz-Gelb. Die rotweiß- roten Farben kamen nur auf Schiffen oder in Wappen vor.

Nach dem Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie 1918, war nicht nur das Staatsgebiet auf seinen mittelalterlichen Kern geschrumpft, sondern die junge Republik Österreich wählte sich eine Nationalflagge, die unter Ausblendung der habsburgischen Periode (schwarz-gelb), auf ihre Ur-Dynastie, die Babenberger, zurückging: Rot-Weiß-Rot.

--> Vergleiche auch einen Vortrag von Hugo Gerard Ströhl (1897)