Seite - 304 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
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304 februar 1904
– Wir haben in Berlin oft von dir gesprochen und alle Leute die du
kennst lassen dich grüßen. Meine sicilianischen und korfiolischen
Plänewebenweiter–wirstduauchsüdlicherwandernundwerden
45 wirunssehen?MeineFraugrüßtdichherzlich, ichdesgleichenund
wir wären sehr froh, wenn wir bald noch besseres, ganz gutes von
dirhörten.
Dein Arthur
685. JosefRedlichanBahr,29.2.1904,Auszug
– Hier, in dem kotherfüllten Wien ist nichts Neues: höchstens dies,
dass »Rose Bernd« ab vom Repertoire nach 6 Aufführungeni auf
höherenBefehlabgesetztwurde,wiemanerzählt,wegenderwenig
erbaulichen after-dinner oder besser gesagt after-love-Szene im ers-
5 tenAkt,die,wieHerrRudolfLotharsagenwürde,sich»imSchatten
eines auf der Bühne wirklich gezeigten Cruzifixes« abgespielt hat.
– Die »Geschichte vom Gitterbett« hat auf meine Frau einen recht
wenig erquicklichen Eindruck gemacht: der treffliche Autor hatte
sich allen »etwaigen« Vorwürfen durch Reise nach Berlin zu ent-
10 ziehen gewusst. Er, der gute Trebitsch, erschien bei uns sichtlich
ergriffen vom Tode eines 76jährigen und gewiss mit 17.6 Millionen
KronengesegnetenOnkels,dessenLeichenbegängnisdengefühlvol-
len Neffen von Berlin hierher genötigt hatte. Trebitsch ist wirklich
ein guter Kerl, aber manchmal ein bischen zu »gut« für diese Welt.
15 – Ich habe – trotz Überlastung mit Arbeit – einen ruhigen Abend
gefunden,umSchnitzlers»EinsamenWeg«zulesen.Ichbewundere
viele Feinheiten des Dialogs, erschütternd wahre Worte undi in’s
Herz gehende Gedanken, aber das Ganze will mir nicht gefallen.
Der »Einsame Weg« ist nicht der neue Weg, den ich Schnitzler zu
20 wandeln beabsichtigt, wie man hört: die Herren Sala und Fichtner
sind die gealterten Anatol und dessen Freund aus unseren eigenen
Jugendtagen. Aber sind denn diese Anatols wirklich so wichtige
Leute–selbst inWien–,dassmansienicht loswerdensollte?Und
dann: muss man glauben, dass Frau Wegrath 23 Jahre lang ruhig
25 diese »Lüge« mit sich herumträgt, um sie schliesslich dem – Haus-
arzt zu erzählen und dem Sohne Andeutungen zu machen, eh’ sie
stirbt? Und dann diese unglückselige Johanna! Das ist das durch
Lectüre von Ibsen »verbildete« Mädchent:;u aber das Schlimme ist,
dass man ihr ihre Ahnungen und »Sehnsüchte« nicht glaubt, viel-
30 mehr das Gefühl hatt,:udie hat sie auch »angelesen«! Und so kein
FünkchenSonnenschein ist indieserSchnitzlerschenWelt:nervöse
SchuftesinddieHelden,diesothun,alsgehörtedieWeltihnen,weil
sie jedesQuartal einanderes»Medchen«verführen!Ganzernsthaft
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Buch Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931"
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Titel
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Untertitel
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Herausgeber
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Abmessungen
- 14.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 1010
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
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- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
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- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
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- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
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- Dank 864
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