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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
Seite - 554 -
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Seite - 554 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931

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554 mai 1922 neidisch gemacht hätte; Neid lag niemals im Bereich meiner Mög- lichkeiten. Nein, ich bewunderte Dein Talent und mißgönnte Dir’s nicht, aber ich hätte Deinem Talent gern einen anderen Menschen 75 gegönnt, ich hätt ihm einen anderen Kerl gewünscht. Dieses Wort drückt genau das aus, was mir damals an Dir fehlte: Du warst mir nicht der Kerl zu Deinem Talent, Du warst überhaupt kein Kerl und ich glaubte zuweilen Deinem Talent immer wieder anzuhören, wie tief es sich insgeheimnacheinemKerldazusehnte:der stärkste 80 Reiz Deiner Dichtung, auch im Scherz, selbst im Spotte noch, ihr Hauch einer unendlichen Melancholie, schien mir durch diese quä- lendeSehnsuchterklärt.Unddadies,was ichhierniederschreibe, ja nur den einen Sinn haben kann, daß einmal Jemand, der Dich seit dreißig Jahren kennt, Dein ganzes Werk sozusagen persönlich mit- 85 erlebt hat, es schätzt, und Dich, so sehr er sich zuweilen dagegen gewehrthat, jetztschließlich,besondersseitwirunssoseltensehen, liebt(entschuldigedasWort,dasauchichnichtmag,aberwasichfür Dich empfinde, hat nun einmal im Deutschen diesen Namen!), daß Dirderrücksichtslosaufrichtigsagt,waser inDirerkanntzuhaben 90 meint,sowirstDumirauchverzeihen,wennichausspreche,daßfür mich Dein ganzes Werk im Wesenlosen liegt, daß ich aus ihm nur immer wieder dieselbe rührende, ja, wenn es scherzen will, erschüt- ternde Klage höre, nicht nach einem verlorenen Paradies, sondern darüber, gar kein Paradies zu verlieren gehabt zu haben, daß Deine 95 Gestalten nicht Entwurzelte sind, sondern wurzellos von vorneher- ein. Vor hundert Jahren haben Romantiker den letzten Versuch eines lebendigen Österreichs gewagt. Er wurde mit Recht Restau- rationgenannt:Herstellungvonetwas,dasesnichtmehrgab,schon seit dem Barock nicht mehr. Und alle Dichtung in Österreich, wie 100 sie sich auch immer geberden mochte, blieb fortan romantisch: in welcher Zeit immer sie spielen mag und auch wenn sie Gegenwart fingiert, sie lebt vom Gewesenen. Du warst der Erste, Du bist der Einzige geblieben, der wirklich nach der Gegenwart zu greifen ver- sucht hat. Es gelang Dir. Und wenn Dir davon nichts als Schein 105 in Deiner Hand blieb, lag nicht an Deinem Griff die Schuld, son- dern an dieser Gegenwart, die keine war, sondern nur eine Fiktion. Und noch dazu eine von ganz besonderer Art. Man kann nämlich eineVergangenheitfingieren,diesekehrtdadurchnichtwieder,aber es entsteht ein Nachbild davon, das immerhin eine gewisse Realität 110 ansprechenmag,wennaucheinegefälschte.Somagmanauchkraft derPhantasie sicheineZukunft fingierenkönnenundwennnurdie Phantasie starkgenug ist, ebendurchdenphantastischenDrangauf dieses lockendeBildhinsichselberbelebt fühlen(ich,zumBeispiel, habe davon die Kosten meines ganzen inneren Daseins bestritten; 115 bisher gings). Aber wenn es an Gegenwart fehlt, sich eben aus ihr,
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
Titel
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Untertitel
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
Herausgeber
Kurt Ifkovits
Martin Anton Müller
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3228-7
Abmessungen
14.6 x 23.4 cm
Seiten
1010
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1891 7
  2. 1892 18
  3. 1893 31
  4. 1894 64
  5. 1895 91
  6. 1896 115
  7. 1897 135
  8. 1898 160
  9. 1899 167
  10. 1900 173
  11. 1901 192
  12. 1902 222
  13. 1903 246
  14. 1904 288
  15. 1905 338
  16. 1906 371
  17. 1907 386
  18. 1908 401
  19. 1909 413
  20. 1910 433
  21. 1911 447
  22. 1912 463
  23. 1913 480
  24. 1914 492
  25. 1915 497
  26. 1916 502
  27. 1917 507
  28. 1918 510
  29. 1919 526
  30. 1920 536
  31. 1921 539
  32. 1922 547
  33. 1923 570
  34. 1924 583
  35. 1925 584
  36. 1926 585
  37. 1927 586
  38. 1928 588
  39. 1929 590
  40. 1930 593
  41. 1931 598
  42. 1932 604
  43. 1934 606
  44. 1936 607
  45. 1962 610
  46. Quellennachweis und Erläuterungen 632
  47. Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
  48. Theaterbesuche 792
  49. Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
  50. Editorische Richtlinien 796
  51. Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
  52. Nachwort 820
  53. Dank 864
  54. Verzeichnis der Dokumente 866
  55. Korrespondenzpartner 902
  56. Register 916
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