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20 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Für das Abziehen des Netzsteckers eines Computersystems, um des-
sen Stromversorgung zu unterbinden, gilt dasselbe.71 Man denke bspw
an die Unbrauchbarmachung von Computerprogrammen durch phy-
sische Zerstörung des jeweiligen Datenträgers oder an die Unterdrü-
ckung von Daten durch Wegnahme des Massenspeichers. Allerdings
ist eine Datenunterdrückung, die durch digitale Verschlüsselungstech-
niken, wie zB im Fall der bereits angesprochenen » Ransomware « 72, re-
alisiert wird, wiederum der Computerkriminalität zuzuordnen. Ein
Computersystem kann folglich nur in seiner spezifischen Eigenschaft
als eine datenverarbeitende Vorrichtung zum Ziel von diversen Er-
scheinungsformen der » Computerkriminalität « werden, nicht hinge-
gen soweit seine rein physische Beschaffenheit betroffen ist. Für Com-
puterdaten gilt eine solche Differenzierung in ähnlichem Maße, wobei
zu unterscheiden ist, ob der Täter auf konventionellem oder automati-
onsunterstütztem Weg Daten manipuliert oder mit ihnen als digitale
Tatwerkzeuge gegen Computersysteme vorgeht. Die alleinige Abgren-
zung des Computers bzw der Daten als Tatmittel oder Tatobjekt ist da-
her mE unzutreffend, vielmehr kommt es auf rein IKT-gebundene Ver-
haltensweisen an.73 Löscht jemand Daten, über die er nicht verfügen
darf, durch entsprechende informationstechnische Maßnahmen ( De-
lete- oder Formatierungsbefehl usw ), fällt dieses Vorgehen bereits un-
ter den Begriff der Computerkriminalität. Es ist für diese Kategorisie-
rung nicht notwendig, die anvisierten Computerdaten darüber hinaus
noch als Tatobjekte zu identifizieren. Auch kommt es für das krimi-
nologische Konstrukt der Computerkriminalität nicht darauf an, dass
lediglich verpönte Schadprogramme ( sog » Malware « 74 ) als Tatmittel
zum Einsatz gelangen. Sozial adäquate IKT-Nutzungen reichen prin-
zipiell dafür aus, sofern dadurch ein strafrechtliches Unrecht verwirk-
licht wird ( zB ununterbrochenes Versenden unzähliger E-Mails an das
71 Siehe dazu unten zur Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems
( § 126 b ).
72 Vgl das als » Polizei-Virus « bekanntgewordene Schadprogramm.
73 Dagegen wird in der Lehre vom Computer als » End- oder Zwischenziel « delikti-
schen Handelns gesprochen; vgl Jaburek / Schmölzer, Computer-Kriminalität, 19 ff;
weiters Schmölzer in Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung, Quo vadis EDV ?,
724 ( 725 ); ähnlich Wegscheider, Computerstrafrecht, in BMJ ( Hrsg ), Strafrechtliche
Probleme der Gegenwart. 17. Strafrechtliches Seminar 1989 ( 1990 ) 127 ( 130 ).
74 » Malicious Software «; siehe dazu ausf Bergauer, Malware aus strafrechtlicher und
verwaltungsstrafrechtlicher Sicht ( Dissertation 2005 ) 8.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik