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Ausgangssituation, Begrifflichkeiten und Rechtsentwicklung
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
formationstechnische Verarbeitungsform gemeint sein muss, lässt sich
über eine rahmenbeschlusskonforme 311 bzw konventionsgerechte 312 In-
terpretation ermitteln, da beide Vorgaben von einem Programm ausge-
hen, » das die Ausführung einer Funktion durch ein Computersystem
auslösen kann «. Daraus kann geschlossen werden, dass lediglich die
unmittelbar operative Ausdrucksform, dh der technisch-funktionale
Aspekt, eines Programms gemeint ist und nicht etwa dessen formal-
sprachlich verfasster Quellcode. » Daten « im informationstechnischen
Verständnis sind also gleichermaßen Objekte, mit denen Computer-
programme arbeiten 313, und Computerprogramme selbst. Man könnte
Computerprogramme in ihrer technischen Beschreibung als » aktive
Daten « bzw » Programmdaten « bezeichnen, da mit ihnen Problemlö-
sungen durch Handlungsanweisungen der Programmlogik durchge-
führt bzw eingeleitet 314 werden. Mittels Computerprogrammen lassen
sich aber aufgrund ihrer Ergebnisausgabe auch neue Informationen er-
zeugen. Alle anderen binär codierten Darstellungseinheiten, mit denen
keine Algorithmen 315 operativ ausgeführt werden, wären dagegen » pas-
sive Daten « bzw » Nutzdaten «. Die technische ( binäre ) Repräsentation 316
des ( abstrakten ) Informationsgehalts aktiver und passiver Daten für die
automationsunterstützte Verarbeitung – und somit auch für Computer-
programme – ist jedoch stets dieselbe. Computerprogramme sind eben-
falls der Kategorie der » Daten im engen Sinn « zuzuordnen.317
terpreter «, in den Maschinencode ( Object Code ) übersetzt. Das Ergebnis wird
unmittelbar am Bildschirm anzeigt. Als Echtzeit-Übersetzer fungiert dabei ein
Interpreter-Programm, wie zB ein Internetbrowser, der den Quell code einer Web-
page interpretiert und visualisiert ( zB HTML, Javascript, PHP ). Mit dieser Über-
setzer-Technologie erreicht man eine höhere » Abstraktionsschicht «, da die zur
Problemlösung auszuführenden Programme nicht auf den jeweiligen Prozessor-
typ abgestimmt sein müssen. Ebenso gibt es in diesem Bereich Mischformen aus
Compiler- und Interpreterkomponenten ( zB Java ).
311 Vgl Art 1 lit b letzter HS EU-RB 2005 / 222 / JI.
312 Vgl Art 1 lit b letzter HS CCC.
313 Siehe auch Jaburek / Schmölzer, Computer-Kriminalität, 18.
314 Man kann dies so verstehen, dass das unkörperliche Computerprogramm die ex-
akte Vorgabe bereitstellt, welche Schaltungen wie zu schalten sind. Die Schaltun-
gen selbst sind Hardware, die in der entsprechenden Reihenfolge betätigt werden
( vgl anstatt vieler Tanenbaum, Computerarchitektur 5, 25 )
315 Rechenvorschrift oder Handlungsanweisung zur Lösung mathematischer Prob-
leme ( siehe zu Algorithmen allgemein Kersken, IT-Handbuch 5, 33 f bzw 91 ).
316 Im Sinne der konkreten Form der Darstellung.
317 Insoweit verwirrend Jerabek / Reindl-Krauskopf / Schroll in WK 2 § 74 Rz 66, wenn sie
bei Programmen von » Daten im weiten Sinn « sprechen, da sie nicht primär der
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik