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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
ein eigenständiges Computersystem darstellt. Bei einem Hackeran-
griff auf ein Netzwerk würde daher jede von diesem Angriff betrof-
fene Netzwerkkomponente als Tatobjekt in Frage kommen. Doch wie
oben bereits angemerkt, intendiert auch die CCC, dass selbst ein LAN
als ein » Computersystem « qualifiziert werden kann. Dasselbe würde
dann auch für den USB-Stick und die externe Festplatte gelten, wes-
halb das führende übergeordnete System auch hins einer etwa dort
implementierten Sicherheitsvorkehrung nicht für die Beurteilung
des Zugriffs auf als selbstständiges Computersystem zu qualifizieren-
des Gerät heranzuziehen wäre. Selbstständig funktionsfähige Geräte
müssten demnach stets mit eigenen spezifischen Sicherheitsvorkeh-
rungen ausgestattet sein; die Zurechnung einer übergeordneten Si-
cherung wäre ausgeschlossen. Es ist nicht zu übersehen, dass eine
derartige Interpretation doch eher lebensfremd und rechtspolitisch
wohl unerwünscht wäre.
Auch lässt sich die Argumentation Thieles nicht auf die Begriffs-
bestimmung des § 74 Abs 1 Z 8 stützen, denn dort zählen sowohl ein-
zelne als auch verbundene Vorrichtungen, die der automationsunter-
stützten Datenverarbeitung dienen, als » ein Computersystem «. Daher
ist nicht zu erkennen, warum solche Vorrichtungen nur selbstständige
Systeme sein müssen, zielt doch die Definition ausdrücklich darauf ab,
dass diese Vorrichtungen der automationsunterstützten Datenverar-
beitung bloß » dienen « müssen. Allein nach dem Wortlaut der Begriffs-
bestimmung kann daher schon nicht gefordert sein, dass eine solche
Vorrichtung in der Lage sein müsse, eine automationsunterstützte Da-
tenverarbeitung selbstständig durchzuführen.402 Vielmehr ist mE diese
Definition dahingehend zu interpretieren, dass es sich bei einem Com-
putersystem iSd Strafrechts um eine auf eine gemeinsame automati-
sche Datenverarbeitung gerichtete Funktionseinheit handeln muss,
deren Umfang je nach bestimmungsgemäß vorgesehener Datenverar-
beitung abzugrenzen ist. Wird auf einen PC vor Ort durch Umgehung
der dort implementierten Sicherheitsvorkehrung widerrechtlich zu-
gegriffen, so besteht die betroffene Funktionseinheit lediglich aus der
Hard- und Software des PC, samt denn damit ggf verbundenen ( selbst-
ständig oder unselbstständigen ) zusätzlichen Peripheriegeräten.403
402 AA Schuh, Computerstrafrecht, 192.
403 Wobei es keinen Unterschied macht, ob diese Peripheriegeräte selbst als eigen-
ständige Computersysteme qualifiziert werden können.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik