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96 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
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densein einer wirksamen Sicherheitsvorkehrung spricht und der An-
wendung des § 118 a Abs 1 nicht entgegensteht.468
Thiele will nicht auf die Wirksamkeit im Einzelnen abstellen. Das
würde aber dazu führen, dass auch eine völlig untaugliche Sicherheits-
vorkehrung, die nicht in der Lage ist einen konkreten individuellen Zu-
griff zu verhindern, ebenfalls für die Tatbildlichkeit ausreichen würde.
Wie im oben geschilderten Fall wäre nach Thiele die Installation eines
Virenschutzprogramms ausreichend, um vor Zugriffen eines Täters
vor Ort und ohne Verwendung eines entsprechenden Computerpro-
gramms als Tatmittel 469 schützen zu können. Da der Täter in diesem
Fall kein Schadprogramm verwendet, wäre das Virenschutzprogramm,
da es für völlig andere Zwecke geschaffen wurde, als Schutz gegen der-
artige Zugriffe völlig ungeeignet und wirkungslos. In anderen Fällen,
nämlich wenn sich der Täter über ein Netzwerk mittels eines Trojani-
schen Pferdes Zugang zu diesem System verschaffen wollte, könnte das
Antivirenprogramm jedoch sehr wohl als taugliches Schutzprogramm
agieren. Die Aktualität des Virenschutzprogramms kann jedoch mE
keine entscheidende Rolle für die Qualifizierung als spezifische und
grundsätzlich wirksame Sicherheitsvorkehrung sein, da es in der Na-
tur der Sache liegt, dass bei neu auftretenden Schadprogrammen, de-
ren Signatur bzw Muster des Programmcodes noch unbekannt ist, die
Antivirensoftware-Hersteller stets der Aktualisierung der Virendefini-
tionsdatensätze hinterher hinken. Vielmehr muss die Vorrichtung nur
individuell für diese Art des Angriffs konzipiert sein. Auf eine grund-
sätzliche Wirksamkeit der Sicherheitsmaßnahme wird jedoch idR ab-
zustellen sein, zumal bei völliger Untauglichkeit nicht einmal von einer
Überwindung gesprochen werden kann.
6. Überwindung vs Verletzung
Wurde noch in der originären Definition des § 118 a Abs 1 idF des StRÄG
2002 470 auf die » Verletzung « der Sicherheitsvorkehrung abgestellt, ist
mit dem StRÄG 2008 471 diese Diktion auf das Erfordernis der » Über-
468 In diesem Sinn auch Birklbauer / Hilf / Tipold, Strafrecht BT I 2 § 118 a Rz 5; aA Reindl-
Krauskopf in WK 2 § 118 a Rz 25; auch Pfister, Hacking, 110.
469 Erneut sei hierbei auf ein Trojanisches Pferd verwiesen.
470 BGBl I 134 / 2002.
471 BGBl I 109 / 2007.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik