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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
windung « abgeändert worden, womit die Strafbarkeit insgesamt ausge-
weitet wurde. Zu dieser Entwicklung ist am Rande anzumerken, dass
bereits im ME 472 zum StRÄG 2002 das Kriterium der Überwindung vor-
gesehen war, doch wurde dieses in einigen Stellungnahmen im Zuge
des Begutachtungsverfahrens als zu weitreichend erachtet.473 Der Ge-
setzgeber schloss sich diesen Anregungen im Rahmen des Begutach-
tungsverfahrens schließlich an, indem die Verletzung der spezifischen
Sicherheitsvorkehrung in § 118 a Abs 1 aF tatbildlich wurde. Dies nicht
zuletzt auch deshalb, weil diese Formulierung näher am Begriff » inf-
ringing « des Originaltexts der CCC 474 wäre.475 Unter der Verletzung der
spezifischen Sicherheitsvorkehrung wird nach den GMat das Eingrei-
fen in die Daten- bzw Sachsubstanz derselben verstanden.476 Eine der-
artige Handlung musste daher eine konkrete Einwirkung auf den spe-
zifischen Schutzmechanismus der Sicherheitsvorkehrung bedeuten,
der durch eine bewusste Manipulation außer Kraft gesetzt oder doch
zumindest nachteilig modifiziert wird ( zB das Löschen eines Firewall-
programms ). Damit war in der aF eindeutig mehr als nur die » Überwin-
dung « gefordert.477
In Zusammenschau mit den in der Praxis gemachten Erfahrun-
gen und Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren zum ME 478, aber
auch in Hinblick auf die diesbezügliche Rechtsentwicklung in Deutsch-
land zu § 202 a dStGB 479 dehnte der Gesetzgeber die Strafbarkeit auf die
bloße Überwindung der spezifischen Sicherheitsvorkehrung in § 118 a
Abs 1 idgF aus, sodass eine Beeinträchtigung der Daten- bzw Sachsubs-
tanz nicht mehr erforderlich ist. Dabei muss ein gewisses Mindestmaß
an krimineller Energie zur Überwindung vorliegen, » so dass etwa die
Verwendung eines von der berechtigten Person – wenn auch unbefug-
terweise – mitgeteilt erhaltenen Passworts auch nicht unter den Begriff
der › Überwindung ‹ einer Sicherheitsvorkehrung zu subsumieren sein
wird «.480
472 ME zum StRÄG 2002, 308 / ME XXI. GP, 7.
473 Siehe dazu ErlRV 285 BlgNR XXIII. GP, 7.
474 Vgl Art 2 CCC.
475 Siehe ErlRV 1166 BlgNR XXI. GP, 24.
476 Siehe ErlRV 1166 BlgNR XXI. GP, 24 und ErlRV 285 BlgNR XXIII. GP, 7.
477 Siehe Fabrizy, StGB und ausgewählte Nebengesetze 11 ( 2013 ) § 118 a Rz 2; siehe auch
die Anmerkungen dazu in den ErlRV 285 BlgNR XXIII. GP, 8.
478 ME zum StRÄG 2008, 92 / ME XXIII. GP.
479 Mit der Deliktsbezeichnung » Ausspähen von Daten «.
480 Vgl ErlRV 285 BlgNR XXIII. GP, 7.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik