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100 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
von Datenpaketen ( DoS ) die Software bzw den Zugangsdienst außer
Funktion setzt oder sich Zugangsdaten im Wege des Phishing verschafft.
In solchen Fällen, die zB bei » Brute Force «-Attacken in weiterer Folge
zur Ermittlung und letztlich Eingabe eines passenden Kennworts füh-
ren, liegt – im Gegensatz zu den Fällen des freiwillig mitgeteilten bzw
nicht gehörig geheim gehaltenen Kennworts – bereits ein tatbestand-
liches Überwinden vor. So wird wohl auch das oben angeführte Bei-
spiel der GMat gemeint sein, dass in einem Fall, in dem ein passendes
Kennwort für den Systemzugriff unbefugt verwendet wird, das mittels
ins Gewicht fallender krimineller Energie ( rechtswidrig ) erlangt wurde,
eine Sicherheitsvorkehrung tatbestandlich überwunden werde.488
7. Überwindung vs Umgehung
Ein Überwinden ist aber mehr als ein bloßes Umgehen.489 Würden zwei
unterschiedliche Datenübertragungswege, nämlich einer davon durch
eine spezifische Sicherheitsvorkehrung gesichert, der andere ungesi-
chert, die Verbindung zum konkreten Zugriffsobjekt ermöglichen, so
würde der Täter im zweiten Fall die Sicherheitsvorkehrung bloß um-
gehen.490
Ein Überwinden erfordert mE die Konfrontation des Täters mit der
spezifischen Sicherheitsvorkehrung, etwa durch Ausarbeitung eines
Überwindungsplans und die anschließende direkte Bezwingung. In
Anlehnung an die Begrifflichkeit in § 109 Abs 3 Z 2 oder § 129 Z 4 könnte
man auf das Überwinden eines Widerstandes der Sicherheitsvorkeh-
rung schließen.491 Auch hat der OGH iZm § 129 Z 1 hins des Begriffs
» einsteigen « festgestellt: » [ … ] die größere verbrecherische Energie zur
Überwindung von Hindernissen und Widerständen, die andere Diebe
scheuen oder umgehen, macht diesen Täter gefährlicher und darum
strafwürdiger [ … ] «.492 Ebenso legt » eine solche größere verbrecherische
488 Vgl ErlRV 285 BlgNR XXIII. GP, 7.
489 Vgl Bergauer / Schmölzer in Jahnel / Mader / Staudegger, IT-Recht 3, 635 ( 658 ).
490 Abgesehen davon kann davon ausgegangen werden, dass der Täter in einem der-
artigen Fall die Überwindung der Sicherheitsvorkehrung nicht in seinen Vorsatz
aufgenommen hat, weshalb die Tatbestandsmäßigkeit zudem am subjektiven
Tatbestand scheitert würde.
491 In den genannten Bestimmungen zum Hausfriedensbruch oder Einbruchsdieb-
stahl geht es darum, » [ … ] den Widerstand einer Person zu überwinden [ … ] «.
492 Vgl OGH 30. 09. 1976, 9 Os 101 / 75.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik