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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
es sich dabei um eine teleologische Reduktion, da der überschießende
Normtext im Sinne der ratio legis eingeschränkt wird bzw werden muss.
4. » Aufgedrängte Information «
Zu einem kriminalpolitisch unbefriedigenden Ergebnis kommt man
in den Fällen, in denen dem » Täter « die schutzwürdigen Daten – außer-
halb einer beruflichen Beschäftigung – » zugespielt « wurden, ohne dass
sich dieser die Daten aktiv verschafft hat.
Zu denken wäre dabei an Fälle » aufgedrängter Information «, in de-
nen zB jemandem per E-Mail die Daten eines Betroffenen unaufgefor-
dert übersendet werden bzw ein Datenträger mit den schützenswer-
ten Daten in die Sphäre des ursprünglich Vorsatzlosen gelangt ist. Man
könnte sich dabei eine Variante des Beispielsfalls 2 vorstellen, in der Y
die digitalen Aktbilder unberechtigterweise seinem besten Freund X
unaufgefordert per E-Mail zuschickt. X fasst erst nach Erhalt der Daten
den Entschluss, die Bilder – nachdem er sie durch Betrachten bzw Ab-
fragen selbst benützt hat – im Internet zu veröffentlichen. Da sich aber
X die personenbezogenen Daten der Z nicht widerrechtlich verschafft
hat, entfällt bereits der Anwendungsbereich des § 51 DSG 2000.
Obwohl die widerrechtliche Verschaffung selbst 621 grundsätzlich 622
( noch ) nicht deliktsgegenständlich ist, sondern erst die anschließende
Verwendung 623, werden durch die vorausgesetzte Einengung des Tat-
objekts unerträgliche Ergebnisse zugelassen. Der Gesetzgeber könnte
diese Lücke durch das Hinzufügen weiterer objektiver Kriterien bezüg-
lich des Tatobjekts schließen, indem er neben dem Erfordernis, dass
die Daten widerrechtlich verschafft worden sein müssen, auch eine Art
» Auffanganforderung « normiert, wie zB » oder sonst unzulässiger Weise
innehat «. Es wäre nach dem Vorbild des § 120 Abs 2 a und insb in Anbe-
tracht des Schutzes der Privatsphäre und des Geheimhaltungscharak-
ters personenbezogener Daten auch sinnvoll, demjenigen, der – wenn
auch ohne sein Zutun – in Besitz von fremden personenbezogenen
Daten gelangt ist, an denen ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinte-
621 Es handelt sich dabei neben der näheren Beschreibung des Tatobjekts idR gleich-
zeitig auch ( noch ) um eine Vorbereitungshandlung.
622 Man beachte aber ein etwaiges Zusammentreffen des widerrechtlichen Sich-Ver-
schaffens mit der Tathandlung des Selbst-Benützens ( siehe gleich im Anschluss ).
623 Siehe auch Reindl-Krauskopf in Brodil, Datenschutz, 73 ( 74 ); weiters Salimi in WK 2
DSG § 51 Rz 44.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik