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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
die Daten prinzipiell nicht in ihrer Substanz beeinträchtigt. Diese sind
unbeschädigt weiterhin am Datenträger existent, nur ist dem Berechtig-
ten der Zugriff darauf zeitweise oder dauerhaft entzogen. Dieses Ergeb-
nis indiziert auch der Paralleltatbestand 1354 der Sachbeschädigung für
körperliche Sachen ( § 125 ), da dort sämtliche Tathandlungen des Abs 1
( Zerstören, Beschädigen, Verunstalten, Unbrauchbar machen ) aus-
schließlich eine Einwirkung auf die Sachsubstanz verlangen.1355 Das gilt
für das – mit § 126 a vergleichbare und im Wesentlichen keine Beschädi-
gung einer Sache erforderliche – Unbrauchbarmachen 1356 als bloße ( idR
straflose ) Gebrauchsbehinderung ebenfalls, da auch hier die Substanz
der Sache zumindest durch körperlichen Kontakt mit ihr tangiert wer-
den muss.1357 Daher genügt es für eine Sachbeschädigung auch nicht, zB
ein Auto durch Versperren der Ausfahrt, am Wegfahren zu hindern.1358
Das Vorenthalten des Zündschlüssels ist mangels Substanzeinwirkung
am Kfz ebenfalls nicht erfasst.1359 Warum sollte nun aber die Beeinträch-
tigung von unkörperlichen Daten gegenüber der Beeinträchtigung einer
körperlichen Sache dadurch strenger geschützt werden, dass iSd § 126 a
Abs 1 bereits vorübergehende Datenunterdrückungen erfasst sind, wo-
hingegen § 125 in Anbetracht einer körperlichen Sache überhaupt nicht
darauf abstellt und der eigenständige Tatbestand des § 135 nur eine
» dauernde « Entziehung 1360 einer solche Sache pönalisiert. Auch ist für
eine ( wenn auch nur vorübergehende Datenunterdrückung ) im Gegen-
satz zu § 135 nach einem Teil der Lehre 1361 kein erweiterter Vorsatz erfor-
derlich. Das Ergebnis einer dauerhaften Datenunterdrückung ist zwar
grundsätzlich dem einer Datenveränderung, -löschung oder sonstigen
Unbrauchbarmachung – was den deliktischen ( vermögenseffektiven )
1354 Siehe idS auch JAB 359 BlgNR XVII. GP, 17.
1355 Vgl zB Bertel in WK 2 § 125 Rz 6.
1356 Daher liegt der Tatbestand der Sachbeschädigung auch dann vor, wenn allein
die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit einer Sache nicht unwesentlich einge-
schränkt wurde ( vgl Seiler in SbgK § 125 Rz 40 ff ); siehe etwa das Ablassen von Luft
aus einem Autoreifen, das Überkleben eines Plakates, das Zerlegen einer Uhr usw
bei Fabrizy, StGB 11 § 125 Rz 2, Kienapfel, BT II 3 § 125 Rz 37 und Bertel in WK 2 § 125
Rz 5 mwN.
1357 Siehe Seiler in SbgK § 125 Rz 16; auch Kienapfel, BT II 3 § 125 Rz 37; weiters Reindl, E-
Commerce, 129 f mwN.
1358 Vgl Fuchs / Reindl-Krauskopf, BT I 4, 137; weiters Seiler in SbgK § 125 Rz 16.
1359 Siehe Kienapfel, BT II 3 § 125 Rz 42.
1360 Vgl statt vieler Fuchs / Reindl-Krauskopf, BT I 4, 176.
1361 Wie etwa Wach in SbgK § 135 Rz 8 und 28 mwN ( Stand November 2009 ); weiters
Bertel / Schwaighofer, BT I 12 § 135 Rz 7.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik