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272 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Erfolg anlangt – vergleichbar ( in allen Fällen, sind die vermögenswer-
ten Daten nicht bestimmungsgemäß verwendbar ), doch liegt wohl ein
Unterschied in der Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung, also was
das Opferinteresse anlangt, insb dann vor, wenn den betroffenen Da-
ten ausschließlich ein Affektionsinteresse anhaftet ( zB Baby- bzw Ur-
laubsfotos ). Wurden solche Daten nämlich unwiederbringlich entfernt,
ist die Rechtsgutbeeinträchtigung ( hier: » das Interesse am Fortbestand
und der Verfügbarkeit der Daten « ) bereits zu einer Rechtsgutverletzung
intensiviert worden, da eine Schadensgutmachung bzw Restauration –
im generellen Gegensatz zu Daten mit einem objektiv bestimmbaren
Wert – überhaupt ausgeschlossen ist.1362 Die Bilder sind faktisch nicht
mehr beschaff- bzw herstellbar. Bei einer bloß vorübergehenden Da-
tenunterdrückung ist hingegen die Möglichkeit, die Dateninhalte wie-
der zu erlangen, nicht von vornherein ausgeschlossen. Und selbst bei
einer dauerhaften Datenunterdrückung, die dann angenommen wird,
wenn das Opfer nicht mehr mit dem Zugriff darauf rechnen kann, be-
stünde zumindest noch die Möglichkeit, dass der Täter im Rahmen des
Strafverfahrens diese Daten freigibt. Ob daher eine Unterdrückung die
Erheblichkeitsschwelle einer unwiderruflichen ( physischen ) Datenlö-
schung bzw Unbrauchbarmachung erreicht, ist wohl mehr als fraglich.
Der Grad der Verletzung könnte sich ggf iSd allgemeinen Grundsätze
der Strafbemessung gem § 32 Abs 3 Fall 1 bei der Strafzumessung aus-
wirken. Eine strengere Strafdrohung als die des Grunddelikts ist aller-
dings bei Daten mit bloßem Affektionswert – mangels einer diesbezüg-
lich geeigneten Qualifikationsnorm – nicht möglich. Die Anerkennung
des Rechtsguts des » Interesses am Fortbestand und der Verfügbarkeit
von Daten « indiziert auch – die mE längst notwendige und sogar pri-
orisierende Ausdehnung – der Schutzausrichtung des § 126 a auf das
Rechtsgut der » Privatsphäre « 1363 und den bloßen immateriellen » Infor-
mationswert « 1364 von Daten.
Abschließend ist festzuhalten, dass die Datenunterdrückung, je-
denfalls in Form einer vorübergehenden Vorenthaltung, gegenüber
den » Dateneinwirkungshandlungen « nicht nur ein aliud, sondern auf-
1362 Siehe zur Problematik iZm der Tätigen Reue ( § 167 ) weiter unten.
1363 Siehe in diese Richtung auch Seling, Privatsphäre, 82.
1364 Vgl auch die Intention der CCC diesbezüglich in ER ( ETS 185 ) Pkt 60: » The protec-
ted legal interest here is the integrity and the proper functioning or use of stored
computer data or computer programs. «
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik