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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
12. Tätige Reue
Schließlich kann grundsätzlich bei einer vollendeten Datenbeschädi-
gung ( samt Qualifikationen ) eine Strafaufhebung durch Tätige Reue
unter den Voraussetzungen des § 167 in Betracht kommen. Rechtspo-
litisch auffällig zeigt sich dieser Strafaufhebungsgrund dann, wenn
Daten mit bloßem Affektionswert unwiederbringbar gelöscht wurden.
In einem derartigen Fall können zB digitale Personenbildaufnahmen
( wie auch die Ultraschallbilder im obigen Beispiel ) des Verletzten nicht
mehr hergestellt und auch mangels objektiver Bestimmbarkeit keine
finanzielle Schadensgutmachung mehr unternommen werden.1414 Die
Schadensgutmachung nach § 167 Abs 2 erfordert aber entweder die Zu-
rückversetzung in den vorigen Stand im Sinne einer Naturalrestitution
oder den Ersatz des zugefügten Vermögensschadens auf Grundlage ei-
ner » objektiv-abstrakten Schadensberechnung «, wovon immaterielle
Schäden ausgenommen sind.1415 Dies mag überzogen klingen, doch
wurde oben bereits ausgeführt, dass in vielen Fällen das Opferinter-
esse an nicht wiederbringbaren Dateien dem reinen finanziellen Inte-
resse an rekonstruierbaren bzw wiederbeschaffbaren Daten oder Pro-
grammen vorgeht.1416
Der Strafanspruch des Staates wird somit auch nur bei Delikten,
die als Rechtsgut das Vermögen schützen, durch Kompensation der
Vermögensbeeinträchtigung durch vollständige Schadensgutmachung
aufgehoben. In den GMat wurde iZm der Eingliederung der Datenbe-
schädigung in die » reuefähigen « Straftaten des § 167 erklärt, dass dies
schon deshalb besonders wünschenswert erscheine, weil hier der Täter
nicht selten der einzige sei, der in der Lage wäre, die Beeinträchtigung
wieder » rückgängig zu machen «.1417 Es fragt sich dabei allerdings unter
Verweis auf die obigen Ausführungen zu den einzelnen Tathandlun-
gen, wo und in welcher Form der Gesetzgeber diese Möglichkeit der
1414 Die » Tätige Reue « scheidet im Übrigen stets aus, wenn ein » Schaden « aus einer
Tat ( noch ) gar nicht entstanden ist ( vgl dazu OGH 28. 01. 1982, 12 Os 185 / 81 ), bzw
wohl auch dann, wenn ein solcher nicht bestimmt werden kann.
1415 Siehe statt vieler Kirchbacher in WK 2 § 167 Rz 50 ( Stand Juli 2013 ); weiters Rainer in
SbgK § 167 Rz 14 ( Stand Oktober 2003 ); vgl auch Brandstetter, Die Tätige Reue in
der Judikatur des OGH, JBl 1987, 545.
1416 Man muss aber konzedieren, dass dies im Einzelfall wohl – wenn überhaupt – nur
äußerst schwierig angemessen berücksichtigt werden kann.
1417 Vgl JAB 359 BlgNR XVII. GP, 19.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik