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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
2. Tatobjekt » Computersystem «
Tatobjekt des § 126 b ist ein » Computersystem « iSd § 74 Abs 1 Z 8. Auf
den ersten Blick mag das Tatobjekt verwundern, da es den Anschein
erweckt, es müsse sich dabei tatsächlich um ein Gesamtsystem han-
deln, das zum Absturz gebracht oder schwer gestört wird. Dies drängt
sich schon allein deshalb auf, da in anderen einschlägigen Computer-
delikten von einem Computersystem oder von einem » Teil eines sol-
chen « gesprochen wird 1484 und lediglich in § 126 b ausschließlich das
Computersystem selbst tatbildlich erfasst wird. Da es diese offensicht-
liche ungleiche Ausdehnung der Tatobjekte in unterschiedlichen spe-
ziellen Computerdelikten gibt, ist auch davon auszugehen, dass die
Tatobjekte, die sowohl ein Computersystem als auch Teile eines sol-
chen beschreiben ( zB § 118 a Abs 1 ), tatsächlich weiter zu verstehen sind
als lediglich das Tatobjekt » Computersystem « ohne weiteren Zusatz in
§ 126 b Abs 1.
Doch zielen gerade DoS-Attacken überwiegend auf die Lahmlegung
von Diensten – iSv diversen Computerprogrammen, wie zB Webser-
vices oder E-Mail-Diensten 1485 – ab, die auf einem Server ausgeführt
werden. Der Server selbst ist in solchen Fällen nicht das eigentliche
Angriffsziel. Wird nun zB bloß ein derartiger ( Software- ) Dienst ange-
griffen und daher lediglich dessen Funktion bzw ordnungsgemäßer
Betrieb schwer gestört, nicht aber die Funktionsfähigkeit des Servers,
stellt sich die Frage, ob der objektive Tatbestand des § 126 b in einem
derartigen Fall überhaupt erfüllt ist.
Unter Berücksichtigung der Legaldefinition des § 74 Abs 1 Z 8, die
im Wesentlichen auf der Vorgabe des Art 1 lit a CCC beruht und ein
Computersystem als sowohl einzelne als auch verbundene Vorrich-
tungen, die der automationsunterstützten Datenverarbeitung dienen,
definiert, gelangt man jedoch zu dem Schluss, dass auch Computer-
programme als Vorrichtungen zur automationsunterstützten Daten-
verarbeitung in Betracht kommen und folglich als Computersysteme
beurteilt werden können.1486 Neben Hardware dienen auch Computer-
1484 Siehe etwa § 118 a, § 126 c Abs 1 Z 2.
1485 Man spricht hier auch von » Services «.
1486 Siehe ua auch Art 7 lit a des Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parla-
ments und des Rates über Angriffe auf Informationssysteme und zur Aufhebung
des Rahmenbeschlusses 2005 / 222 / JI des Rates, KOM ( 2010 ) 517 endg.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik