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302 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
schädigung durch Unbrauchbarmachen nach § 125 unterzuordnen
wäre, ist – mangels eines Angriffs auf die Sachsubstanz – wohl eher
zweifelhaft.1504 Lässt sich das Computersystem durch das bloße Einste-
cken des Netzsteckers in die Steckdose wieder starten und ordnungs-
gemäß benützen, wird wohl mangels eines ins Gewicht fallenden Auf-
wandes keine strafbare Sachbeschädigung, sondern noch eine bloße
straflose Gebrauchsbehinderung vorliegen.1505 Auch Schäden, die da-
durch entstehen, dass das Computersystem eine bestimmte Zeit nicht
verwendet werden konnte, sind keine Schäden an der Sache selbst und
bleiben daher außer Betracht.1506 Ist jedoch der Aufwand an Zeit und
Mühe spürbar, da eventuell ein Techniker beauftragt werden oder das
System durch den unvorhergesehenen Absturz ausschließlich manu-
ell mit diverser Startparametrisierung in Betrieb genommen werden
muss, so wäre eine Sachbeschädigung wieder denkbar. Nach gefestig-
ter Rsp 1507 liegt eine Sachbeschädigung » nicht nur bei einer Verletzung
der Sachsubstanz, sondern auch dann vor, wenn etwa ein wesentlicher
Bestandteil entfernt wird, die Sache an sich aber unbeschädigt bleibt,
jedoch erst durch einen entsprechenden Aufwand an Zeit und Arbeit
wieder der eigentlichen Zweckbestimmung zugeführt werden kann «.
Differenzierter muss das Drücken der » Hardware-Reset «-Taste des
Computersystems betrachtet werden, die meist neben dem I / O-Schal-
ter am Gehäuse angebracht ist. Sie soll die Möglichkeit eines Neustarts
dann bieten, wenn das Betriebssystem nicht mehr reagiert. Je nach-
dem, wie nun diese Taste konfiguriert ist 1508, ist jedoch bei modernen
Systemen meist davon auszugehen, dass ein Neustart softwaregesteu-
ert von der ( sehr hardwarenahen ) Firmware 1509, dem BIOS 1510, initiiert
1504 Siehe Seiler in SbgK § 125 Rz 48, der dies aus diesem Grund auch verneint; vgl auch
Schmölzer in BMJ, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 1989, 195 ( 208 ff ).
1505 Siehe dazu auch die Beispiele des Stromabschaltens bei einer Maschine in Sei-
ler in SbgK § 125 Rz 48, der ausführt, dass mangels Angriffs auf die Substanz von
einem Unbrauchbarmachen nicht gesprochen werden kann, und des Abschrau-
bens eines Ventils von einer Dampfmaschine bei Bertel in WK 2 § 125 Rz 11; vgl auch
Schmölzer in BMJ, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 1989, 195 ( 210 ).
1506 Bertel in WK 2 § 125 Rz 11 sowie Bertel in WK 2 § 126 Rz 27 mwN.
1507 Siehe idS OGH 07. 09. 1978, 12 Os 94 / 78 ; OGH 06. 10. 1983, 12 Os 120 / 83 ; OGH
23. 06. 1989, 16 Os 9 / 89; OGH 26. 11. 2009, 12 Os 79 / 09y.
1508 Bei neueren Systemen kann die Funktionalität dieser Taste im BIOS definiert wer-
den.
1509 Vgl » in Hardware gegossene Software « bei Schramm in Jahnel / Schramm / Staude-
gger, Informatikrecht 2, 1 ( 5 f ); weiters Kersken, IT-Handbuch 5, 127.
1510 Siehe dazu Kersken, IT-Handbuch 5, 127 ff; Gumm / Sommer, Informatik 10, 61 f.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik