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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
DDoS-Angriffs permanent Datenpakete an das Zielsystem, um die
schwere Funktionsstörung aufrechtzuerhalten, so ist zwar das Delikt
mit Beginn der Funktionsstörung formell vollendet, materiell beendet
aber erst, wenn der Täter mit der Übersendung der Datenpakte aufhört
und dadurch die Funktionsfähigkeit wieder hergestellt wird. Durch
das anhaltende Übermitteln von das Zielsystem schwer störenden Da-
tenpaketen wird ein rechtswidriger Zustand geschaffen, den der Täter
in der Folge durch fortdauerndes Tun solange aufrecht hält – weshalb
auch der Tatbestand ununterbrochen weiter verwirklicht wird – bis
der Störvorgang tatsächlich seine Beendigung findet.1520 Ebenso wäre
§ 126 b Abs 1 bei DDoS-Attacken als Dauerdelikt verwirklicht, wenn der
Täter es nach einem einmaligen Tun – zB dem Starten einer automati-
sierten DoS-Attacke 1521 – in weiterer Folge fortdauernd unterlässt, den
Angriff, bspw durch Eingabe eines Beendigungsbefehls des DoS-Pro-
gramms 1522 – zu stoppen.1523 Dies hat zur Konsequenz, dass etwa eine
strafbare Beteiligung iSd § 12 so lange möglich ist, bis der rechtswid-
rige Zustand – dh die schwere Funktionsstörung – beendet ist.
Dies gilt freilich auch für die Qualifikationsnorm des § 126 b Abs 2
Fall 1. Sie wird solange verwirklicht, wie ein tatbildliches Verhalten ge-
setzt wird, wobei die Begehungsweisen des Grunddelikts in Anbetracht
dieser Deliktsqualifikation erst dann formell vollendet sind, wenn die
erforderliche » längere Zeit « der Störung der Funktionsfähigkeit abge-
laufen ist. Es wird daher lediglich der Vollendungszeitpunkt zeitlich zu-
rĂĽckverschoben. Solange dieser noch nicht erreicht ist, kommt grund-
sätzlich Versuch in Betracht. Unterlässt es der Täter darüber hinaus
aber in weiterer Folge den Angriff zu beenden, obwohl er dies könnte,
und hält er dadurch den rechtswidrigen Zustand aufrecht, verwirklicht
er § 126 b Abs 1 Fall 1 als Dauerdelikt. Das tatbestandsmäßige Verhal-
ten dauert in diesem Fall ab erstmaliger formeller Vollendung ( Ăśber-
schreitung der qualifikationsbegrĂĽndenden Zeitspanne ) bis zur mate-
riellen Beendigung ( Ende der Funktionsstörung ) kontinuierlich an.
1520 Siehe dazu auch den besonderen Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 1 letzter Fall
im Bereich der Strafzumessung.
1521 Siehe dazu oben.
1522 Vgl das DoS-Programm LOIC ( Low Orbit Ion Cannon ), mit dem man nach Ein-
gabe der konkreten IP-Adresse des Zielsystems einen DoS-Angriff per Knopf-
druck initiieren und auch wieder beenden kann ( siehe Wikipedia, < de.wikipedia.
org / wiki / Low_Orbit_Ion_Cannon > [ 01. 04. 2014 ] ).
1523 Vgl dazu Schmoller in SbgK § 99 Rz 15.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik