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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung
sind « 1538, zB Stromversorgungsanlagen, Kommunikationsinfrastruktu-
ren, Verkehrsleitsysteme, Flugsteuerungssysteme, Kraftwerke, medizi-
nische Notversorgungsanlagen, Gaspipelines, diverse Systeme zur Lan-
desverteidigung ( Radarstationen, Waffensysteme usw ) uÄ.
Hätte der Gesetzgeber tatsächlich ausschließlich auf einen Vermö-
gensschaden iSd § 126 a abstellen wollen, so wäre es nahegelegen, auf
eine ähnliche Formulierung wie in § 126 a Abs 1 zurückzugreifen, etwa
» Wer einen anderen dadurch schädigt, … ] «. In diesem Sinn betonen
auch Öhlbäck / Esztegar, dass das Ausmaß des Schadens nur als ergän-
zendes Beurteilungskriterium herangezogen werden könne und eine
Festlegung einer starren Wertgrenze für die Höhe des Schadens wenig
hilfreich sei.1539
Einen weiteren Anhaltspunkt für diese Auslegung liefert die Delikts-
qualifikation des § 126 b Abs 2 1540, da dort keine – wie bei Vermögens-
delikten überwiegend übliche – » Wert- bzw Schadensqualifikation « 1541
vorgenommen wurde, sondern in Abs 2 erster Fall die Herbeiführung
einer schweren Störung dann schwerer bestraft wird, wenn diese » län-
gere Zeit andauert « 1542. Daraus folgt, dass die Formulierung der Qua-
lifikationsnorm des Abs 2 erster Fall darauf schließen lässt, dass ein
eigenständiges, über den reinen Vermögensaspekt hinausreichendes
Rechtsgut 1543, nämlich das Interesse an der Verfüg- und Verwendbar-
keit des Computersystems, zumindest auch geschützt werden soll.
1538 Vgl auch ErwG 4 RL 2013 / 40 / EU.
1539 Vgl Öhlbäck / Esztegar, JSt 2011, 126.
1540 Zur genaueren Analyse des Abs 2 siehe gleich im Anschluss.
1541 Zu Wert- und Schadensqualifikationen im Vermögensstrafrecht siehe instruktiv
Hochmayer, Wert- und Schadensqualifikationen versus Regelbeispiele, in Joer-
den / Scheffler / Sinn / Wolf ( Hrsg ), Vergleichende Strafrechtswissenschaft, FS Swarc
( 2009 ) 235 ( 235 ff ).
1542 Im Gegensatz zu dieser vergleichbaren Begrifflichkeit bei § 107 a Abs 2, wo sie Be-
zug auf die Tathandlung nimmt, ist sie bei § 126 b Abs 2 erster Fall für den Erfolg
maßgeblich.
1543 Dies betrifft sowohl Individual- als auch Kollektivrechtsgüter wie zB das Inte-
resse der Allgemeinheit 1.) auf einen öffentlichen Server zuzugreifen bspw zur
Abfrage der Edikts- und Insolvenzdatei ( < www.edikte.justiz.gv.at / > [ 01. 04. 2014 ] )
oder der authentischen Kundmachung von Normen im RIS, 2.) an der Funktions-
fähigkeit von besonders schutzwürdigen Systemen ( Stromversorgungsanlagen,
Kommunikationsinfrastrukturen, Verkehrsleitsysteme, Flugsteuerungssysteme,
Kraftwerke, medizinische Notversorgungsanlagen, Gaspipelines, Landesverteidi-
gungssysteme usw ).
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik