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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
6. Subjektive Tatseite
Der Täter muss im Mindeststärkegrad eines dolus eventualis mit Tat-
bildvorsatz, der sich auf sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale
bezieht, handeln. Er muss somit auch in seinen Vorsatz aufnehmen,
dass sein Angriff das Computersystem schwer stört.
7. Problemfelder: Subsidiaritätsklausel und
Deliktsqualifikation
Da § 126 a bereits Datenbeschädigungshandlungen erfasst, wurden in
§ 126 b lediglich die Tathandlungen des Eingebens und Übermittelns
von Daten aufgenommen, die nicht zwingend zu einer Datenbeschä-
digung iSd § 126 a führen.1551 In der Praxis sind Anwendungsfälle – so-
weit überschaubar – nicht auszumachen, denn die schwere Störung
der Funktionsfähigkeit eines Computersystems impliziert stets auch
eine kurz oder lang andauernde Datenunterdrückung, die eben grund-
sätzlich ( bei entsprechendem Vorsatz und auch schon im Versuchssta-
dium 1552 ) von § 126 a erfasst wird.1553 Nach den GMat ist ein Computer-
system nämlich dann schwer gestört, wenn es völlig lahmgelegt oder
so verlangsamt wird, dass der verbleibende Gebrauchswert des Sys-
tems nicht wesentlich höher liegt als bei einem Stillstand 1554, was sich
in beiden Fällen auch auf die Verfügbarkeit der gespeicherten Daten
auswirkt. Die Auslagen, die zur Wiederherstellung bzw Verfügbarkeit
der Daten aufgebracht werden müssen, stellen einen Schaden nach
§ 126 a dar. Aufgrund der ausdrücklichen Subsidiarität des § 126 b zu
§ 126 a würde in derartigen Fällen stets § 126 a zur Anwendung gelan-
gen.1555
Die Qualifikationsbestimmung des § 126 b Abs 2 StGB enthält in ih-
rem Wortlaut keine Subsidiaritätsklausel. Es fragt sich daher, ob und
allenfalls wie sich die Subsidiaritätsklausel des Abs 1 auf das Konkur-
renzverhältnis des § 126 b Abs 2 mit § 126 a auswirkt. Anhand zweier
1551 Vgl Reindl-Krauskopf in WK 2 § 126 b Rz 4; vgl auch ErlRV 1166 BlgNR XXI. GP, 28;
weiters ErlStV 1645 BlgNR XXIV. GP, 4.
1552 Insbesondere dann, wenn der Vermögensschaden zB durch das Vorliegen von ak-
tuellen Sicherungskopien ausbleibt.
1553 Siehe auch Bertel / Schwaighofer, BT I 12 § 126 b Rz 2.
1554 Vgl ErlRV 1166 BlgNR XXI. GP, 29.
1555 In diesem Sinne Öhlbäck / Esztegar, JSt 2011, 126.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik