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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
mögensverfügung bewirkt.1836 Eine solche Auslegung scheint im Sinne
einer strafbarkeitseinschränkenden Funktion geboten, um die über-
schießende Wirkung des objektiven Tatbestands einzuschränken. In
diesem Sinn ist also das bloße Aktivieren bzw Auslösen – selbst wenn
dabei etwa durch die unbefugte Verwendung einer fremden Bankomat-
karte samt zutreffender PIN iSd » Fiktion der Datenwahrheit « » unrich-
tige Daten « eingegeben werden – mangels einer » Beeinflussung « einer
Datenverarbeitung ( noch ) nicht tatbestandsmäßig.1837
Bei der widerrechtlichen Benutzung einer fremden Bankomatkarte
geht der OGH aber trotz Einführung des § 148 a weiterhin von einer
Strafbarkeit nach § 127 aus.1838 Dies, bei grundsätzlicher Anwendbarkeit
des § 127 – in der E 1839, ohne überhaupt auf § 148 a einzugehen – bereits
deshalb, weil letztere Bestimmung zur Ausschaltung von Strafbarkeits-
lücken eingeführt wurde und daher aufgrund materieller Subsidiarität
( dh Scheinkonkurrenz ) zurücktrete.1840 Der OGH hat aber an anderer
Stelle in einem Fall des Bankomatkartenmissbrauchs 1841, in dem den
Tätern die PIN bekannt war, festgehalten, dass nach gesicherter Rsp die
Anwendbarkeit des Betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs
( § 148 a ) verneint wird, wobei zur Begründung ua auf Leukauf / Steinin-
ger 1842 verwiesen wurde.1843 Diese Autoren stellen unter dieser Fundstelle
sinngemäß fest, dass ein bloß unbefugtes Auslösen eines elektroni-
schen Prozesses kein Beeinflussen eines Datenverarbeitungsergebnis-
ses darstelle, weil dieses Resultat auch bei befugter Aktivierung die-
ses Prozesses erzielt werde. In jüngeren E hielt nun auch die Rsp, insb
der OGH, die Eingabe richtiger Daten für tatbestandlich iSd § 148 a.1844
1836 Siehe etwa OGH 14. 07. 2011, 13 Os 61 / 11 m = jusIT 2011 / 103, 220 ( Bergauer ) = JSt 2011,
201 ( Schwaighofer ).
1837 In diese Richtung wohl auch Lewisch, BT I 2, 242.
1838 Siehe statt vieler RIS-Justiz RS0093560 mwN; ebenso Schmölzer, EDVuR 1990, 30; aA
Bertel / Schwaighofer, BT I 12 § 148 a Rz 2 mwN.
1839 Vgl OGH 30. 10. 1990, 15 Os 79 / 90.
1840 Vgl auch statt vieler RIS-Justiz RS0093560 mwN; siehe auch die Zusammenfas-
sung bei Prunner, Missbrauch der Bankomatkarte eines Angehörigen – kein § 166
StGB ?, JAP 2014 / 2015 / 1; anders etwa das OLG Linz 08. 06. 1989, 8 Bs 129 / 89 = AnwBl
1990 / 3375 ( Fromherz ).
1841 Vgl OGH 10. 12. 1996, 14 Os 71 / 96 ( 14 Os 78 / 96 ).
1842 Vgl Leukauf / Steininger, StGB 3 § 148 a Rz 20.
1843 In diesem Sinn die Rechtsmeinung des OGH zusammenfassend auch Wegscheider,
BT 4, 240 f.
1844 Siehe OGH 01. 06. 2006, 12 Os 45 / 06v ( 12 Os 46 / 06s ); weiters OGH 13. 10. 2005, 15
Os 99 / 05 f, jedoch ohne darauf näher einzugehen; siehe auch OLG Innsbruck
16. 12. 2014, 11 Bs 353 / 14w iZm Paysafecards.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik