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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
zur Entscheidung berufenen Senats 1870 – iSd § 1 unbedenklich, da eine
Wortinterpretation des § 12 dritter Fall, der auf einen Beitrag » zur Aus-
führung « abstellt, in die Richtung, dass auch, aber nicht nur eine Aus-
führungshandlung des unmittelbaren Täters vorliegen muss, noch in-
nerhalb des äußersten Wortsinns der Vorschrift liege.1871
So sei dies auch beim Versandbetrug ( § 146 ), wenn etwa mit der Ab-
sendung der Ware die rechtliche Vollendung eintritt, die förderliche
Entgegennahme der Ware aber noch einen strafbaren Beitrag zum Be-
trug darstelle.1872
Im Zusammenhang mit Computerdelikten könnte idZ an das Er-
mächtigungsdelikt des § 119 gedacht werden.1873 Der unmittelbare Tä-
ter benützt eine tatbildliche Vorrichtung, um den Inhalt eines nicht
für ihn bestimmten E-Mails in Erfahrung zu bringen. Nachdem aber
der Inhalt der Nachricht in einer für ihn nicht verständlichen Form 1874
vorliegt, ersucht er einen damit vertrauten Bekannten – nach Offenba-
rung seiner Tat – ihm den Inhalt dieses E-Mails zur Kenntnis zu brin-
gen. Die Tat ist mit dem Benützen der Vorrichtung in der Absicht, sich
vom Inhalt der Nachricht Kenntnis zu verschaffen, formell vollendet,
jedoch erst mit der tatsächlichen Kenntnisverschaffung des Nachrich-
teninhalts materiell beendet. In diesen Fällen darf freilich beim hinzu-
tretenden Beitragstäter in subjektiver Hinsicht nichts fehlen, was insb
auch den Inhalt des erweiterten Vorsatzes betrifft.1875 Besonders Augen-
merk ist im letzten Fall aber darauf zu richten, dass es sich nicht um
ein Vermögensdelikt handelt, weshalb etwaige Anschlussdelikte wie
Hehlerei ( § 164 ) oder Geldwäscherei ( § 165 ) naturgemäß von vornher-
ein für eine Strafbarkeit des Hinzutretenden ausscheiden.
Zu Recht wirft Schmoller in diesem Zusammenhang die zentrale
Frage auf, ob dem Hinzukommenden der bereits vor dem Zeitpunkt
des Beitritts verwirklichte Unrechtsteil der Tat ( hier: die Vermögens-
1870 Siehe OGH 17. 04. 2002, 13 Os 179 / 01 = JBl 2003, 464 ( krit Schmoller ).
1871 Vgl RIS-Justiz RS0116322 bzw OGH 17. 04. 2002, 13 Os 179 / 01 = JBl 2003, 464 ( krit
Schmoller ).
1872 Vgl Kirchbacher in WK 2 § 146 Rz 134 mwN.
1873 Siehe S 154 ff.
1874 Denkbar wäre zB ein technisch verschlüsseltes E-Mail, dessen Inhalt nur von ei-
nem sehr versierten User entschlüsselt werden kann, auf dessen Hilfe der Täter –
nach Aufklärung über den Tatplan – zurückgreift; ggf könnte auch der Inhalt in
einer Fremdsprache verfasst sein und der Täter wird von einem eingeweihten Dol-
metscher unterstützt udgl.
1875 Siehe gleich im Anschluss.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik