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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
trag, geht auch die Annahmeerklärung der Bank, also die Gutschrift,
ins Leere und ist daher wirkungslos «.1878 Solange somit der Geldkurier
bzw Überweisungsempfänger noch nicht über den gutgeschriebenen
Betrag verfügt hat, liegt – nach zivilrechtlicher Ansicht – noch gar keine
» ungerechtfertigte Vermögensverschiebung « vor.1879 Im Sinne des Straf-
rechts reicht aber eine bloß vorübergehende Vermögensminderung für
einen wirtschaftlich nicht ganz bedeutungslosen Zeitraum aus, um
von einem Vermögensschaden zu sprechen, sofern ein – wenn auch
nur kurzzeitiger – effektiver Verlust an Vermögenssubstanz eingetre-
ten ist.1880
Folglich muss festgestellt werden, dass in casu unzweifelhaft durch
das ( vorsätzliche ) Handeln des Geldkuriers der Vermögensschaden
durch die Realisierung der Bereicherung des unmittelbaren Täters in-
tensiviert wurde.
Die Bejahung eines strafbaren Tatbeitrags in einem Stadium nach
formeller Vollendung aber vor materieller Beendigung eines Zustands-
delikts orientiert sich mE – hier iZm Delikten mit überschießender In-
nentendenz – an den Überlegungen eines » allgemeinen Ingerenzprin-
zips «, das besagt, dass jeder, der eine Beeinträchtigung eines fremden
Rechtsguts herbeigeführt hat, verpflichtet ist, den bevorstehenden
Schaden oder einen bereits eingetretenen Erfolg wieder abzuwen-
den.1881
Durl stimmte einem solchen Ergebnis anfänglich 1882 zu, indem er
zutreffend anführte, dass solange der Täter den angestrebten End-
zweck nicht erreicht hat, grundsätzlich – trotz bereits eingetretenen
Taterfolgs – noch erhöhte Chancen bestünden, das erlittene Unrecht
wieder auszugleichen und die Interessen des Tatopfers zu wahren,
noch bevor das Gesamtgeschehen seinen Abschluss findet.
1878 Vgl RIS-Justiz RS0124649 mwN.
1879 OGH 19. 02. 2009, 2 Ob 107 / 08 m = ecolex 2009, 577 ( Graf ) = ÖBA 2009 / 1551, 457 ( Byd-
linski ) = jusIT 2009 / 69, 140 ( Mader ).
1880 Vgl RIS-Justiz RS0094383 mwN.
1881 Vgl idS Schmoller in SbgK § 99 Rz 15 mwN; Leukauf / Steininger, StGB 3 § 99 Rz 10;
Triffterer AT 2, 65.
1882 Siehe Durl, Die Pflicht zur Verhinderung von mit Strafe bedrohten Handlungen
gemäß § 286 StGB ( 1999 ) 294 ff; In Anerkennung des dogmatischen Konzepts des
Systems der Einheitstäterschaft revidierte Durl jedoch seinen ursprünglichen An-
satz; siehe Durl, Ausgewählte Aspekte des Normativs Zeit im StGB, in BMJ ( Hrsg ),
32. Ottensteiner Fortbildungsseminar aus Strafrecht und Kriminologie ( 2005 ) 55
( 124 bzw 128 ).
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik