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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Der Wortlaut des § 12, dass nicht nur der unmittelbare Täter die
strafbare Handlung begeht, sondern auch » jeder [ … ] der sonst zu ih-
rer Ausführung beiträgt « ( dritter Fall ), lässt im Übrigen durchaus die
Interpretation zu, dass eine » Ausführung « solange vorliegt, bis das
rechtsgutverletzende Geschehen insgesamt seinen Abschluss gefun-
den hat. Weiters ist der Formulierung nicht zu entnehmen, dass es sich
ausschlieĂźlich um einen Beitrag zur AusfĂĽhrung der strafbaren Hand-
lung durch den unmittelbaren Täter handeln muss.1884 Jeder geleistete
Beitrag zur Realisierung der Bereicherung bzw Erreichung des eigent-
lichen Endziels eines strafbaren Gesamtverhaltens kann daher einen
Tatbeitrag darstellen. Nach einem solchen Verständnis kann grund-
sätzlich jede – auch noch so kleine – Förderung des strafbaren Gesamt-
verhaltens ( dh bis zum Abschluss des sozialschädlichen Gesamtge-
schehens ) eine Tatbeteiligung durch einen sonstigen Beitrag iSd § 12
dritter Fall begrĂĽnden.
Trotz Verständnisses für die aufgezeigten Gegenmeinungen, insb
hins der diesbezĂĽglichen Probleme iZm der dogmatischen BegrĂĽnd-
barkeit und eines » unscharfen Verhältnisses « zum Bestimmtheitsge-
bot und Gesetzlichkeitsprinzip, ist es mE schon aus rechtspolitischen
Gründen nicht adäquat, eine Beteiligung nicht bis zur tatsächlichen
Beendigung einer Tat und der Erreichung des angestrebten Endziels
für möglich zu erachten. Der Beitragstäter schließt sich nämlich der
bisherigen Tatausführung – was das materielle Unrecht anlangt – iZm
dem zweiten Unrechtsteil ( erweiterter Vorsatz ) objektiv durch die Re-
alisierung des Endziels und subjektiv ĂĽberhaupt in voller Hinsicht 1885
an, was die Sozialschädlichkeit seines Tatbeitrags darstellt. Die krimi-
nelle Energie des unmittelbaren Täters endet idR 1886 stets erst mit Er-
reichung des Endziels.
Diese Erwägungen stützen sich auch auf das Argument, dass sich
ein Tatbeitrag ( im Gegensatz zu einer Mittäterschaft ) lediglich in ei-
ner sehr untergeordneten Hilfestellung darstellen kann, die nicht ein-
mal fĂĽr die TatausfĂĽhrung unabdingbar sein muss.1887 Sogar ein psy-
chischer oder intellektueller Beitrag, zB in Form eines Rats oder einer
1884 Vgl RIS-Justiz RS0116322.
1885 Selbst wenn er auch erst nach tatbestandlichen Erfolgseintritt hinzutritt.
1886 Er könnte die Verfolgung seines angestrebten Endziels allerdings vorzeitig – aber
nach formeller Vollendung der Tat – aufgeben, oder es kann die Erreichung des
Endziels aus anderen Gründen faktisch nicht mehr möglich sein.
1887 Vgl RIS-Justiz RS0108726 mwN; weiters Fabrizy, StGB 11 § 12 Rz 10a.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik