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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Entscheidung getroffen hat, Daten für einen bestimmten Zweck zu ver-
wenden ( § 4 Z 8 DSG 2000 ) und zwar unabhängig davon, ob sie die Ver-
wendung selbst durchführt oder einen Dienstleister ( § 4 Z 5 DSG 2000 )
hierzu heranzieht.
Auch der Phishing-Täter agiert demnach als Auftraggeber, da für
eine derartige Qualifikation lediglich die faktischen Umstände ( also
die Entscheidung zur Datenverwendung ) wesentlich sind und es hier-
für nicht auf die rechtliche Zulässigkeit der Datenverwendung an-
kommt.2080 So sieht dies wohl auch der Gesetzgeber, wenn in den GMat
ausgeführt wird, dass » die Frage, wer Auftraggeber ist, von der Frage
streng zu trennen ist, ob diese Funktion zu Recht ausgeübt wird «.2081
Der faktische Umstand, dass sich jemand ( in concreto auch der Täter )
zur Verwendung von personenbezogenen Daten für einen bestimm-
ten Zweck entschieden hat, genügt, auf eine Befugnis kommt es nicht
an.2082 Auftraggeber ist daher prinzipiell jeder, der personenbezogene
Daten eigenverantwortlich verarbeitet.
Für das » Selbstschädigungsdelikt « des § 108 ist es – wie beim Betrug
( § 146 ) – erforderlich, dass sich der Getäuschte selbst und unmittelbar
in einem konkreten Recht schädigt.
Bereits im Zuge des Ermittelns der Daten, als Handhabungsart des
Verarbeitens ( vgl § 4 Z 9 erster Fall DSG 2000 ), wird das Opfer durch
den Täter täuschungsbedingt dazu gebracht, seine Daten zu übersen-
den. Mit der Weitergabe der schutzwürdigen Daten an einen Unbe-
rechtigten schädigt sich der Betroffene selbst in seinem Recht auf Ge-
heimhaltung nach § 1 Abs 1 DSG 2000.2083 Selbst wenn es sich dabei um
Daten handeln würde, die nicht automationsunterstützt oder in Form
einer manuellen Datei ( § 4 Z 6 DSG 2000 ) vorliegen, wäre der Betrof-
fene in seinem Grundrecht nach § 1 Abs 1 DSG 2000 verletzt.
Was die datenschutzrechtliche Rollenverteilung anlangt, so ist
diese stets im Einzelfall zu untersuchen und festzustellen. Die Verar-
beitung eigener personenbezogener Daten durch den » Betroffenen « 2084
2080 Vgl etwa Drobesch / Grosinger, Datenschutzgesetz, 120.
2081 Siehe ErlRV 554 BlgNR XVI. GP, 17.
2082 Siehe auch DSK 16. 11. 2004, K120.951 / 0009-DSK / 2004.
2083 Insoweit kann die Selbstschädigung bereits im Zuge des unzulässigen Ermittelns
von Daten durch das täuschungsbedingte Handeln des Opfers ( Preisgabe der Da-
ten ) konstatiert werden, und nicht erst mit der datenschutzrechtlichen Übermitt-
lung ( anders noch, aber im Ergebnis unverändert Bergauer, RZ 2006, 82 ).
2084 Auf die Begrifflichkeit des Auftraggebers iSd § 4 Z 4 DSG 2000 wird bewusst ver-
zichtet, da über die Definition des Betroffenen ( § 4 Z 3 DSG 2000 ) e contrario zum
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik