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432 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Insgesamt betrachtet ist damit entgegen Reindl-Krauskopf festzu-
halten, dass die Täuschung über Tatsachen mit einem daraus resul-
tierenden Schaden an » irgendwelchen Rechten « somit insb auch das
Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten nach § 1
Abs 1 DSG 2000 betreffen kann. Im Zusammentreffen mit anderen an-
wendbaren Bestimmungen tritt § 108 aber aufgrund seiner Auffang-
funktion, die jede täuschungsbedingte Schädigung eines konkreten
Individualrechts betrifft, zurück ( materielle Subsidiarität ).2095
BezĂĽglich des subjektiven Tatbestands argumentiert Reindl-Kraus-
kopf weiter, dass es dem Täter beim Phishing nicht darauf ankomme
das Geheimhaltungsrecht an den für die Vermögenstransaktion erfor-
derlichen Daten des Opfers ( bzw datenschutzrechtlich Betroffenen ) zu
verletzen, denn nur so wĂĽrde eine absichtliche Verletzung der Geheim-
sphäre durch die täuschungsbedingte Selbstschädigung des Opfers iSd
§ 108 realisiert werden können. Der Täter beabsichtigte aber die finale
Vermögensschädigung.2096
Aus dieser Argumentation folgt, dass Reindl-Krauskopf das an sich
sukzessive Geschehen der Phishing-Attacke einheitlich in einer Ge-
samtbetrachtung beurteilen muss. Dass eine Gesamtbetrachtung
grundsätzlich eine zulässige und pragmatisch sachgerechte Lösung
bieten kann, zeigen prinzipiell auch Beispiele aus der Rechtsprechung.
Doch gerade aus dogmatischen GrĂĽnden bietet sich eine nach Sachver-
haltsabschnitten gegliederte Untersuchung eines derartigen Sachver-
halts – wie oben dargestellt – an.2097 Unterteilt man das tatsächliche Ge-
schehen in eine Phishing-Phase und eine Verwertungsphase, so zeigt
sich deutlich, dass es dem Täter in der Phishing-Phase nun gerade
darauf ankommt das Opfer in seinem Geheimhaltungsrecht nach § 1
Abs 1 DSG 2000 zu verletzen. Der Täter benötigt schließlich die perso-
nalisierten Zugangsdaten des Opfers, an denen dieses selbstverständ-
lich ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, fĂĽr sein weiteres
Vorhaben.2098 Das Recht des Opfers auf Geheimhaltung dieser perso-
nenbezogenen Daten iSd § 1 Abs 1 DSG 2000 soll geradezu durch die
Täuschungshandlung des Täters verletzt werden, um das Endziel über-
2095 Vgl idS ähnlich OGH 02. 09. 1986, 11 Os 107 / 86.
2096 Siehe Reindl-Krauskopf, Computerstrafrecht 2, 85 f; Reindl-Krauskopf, SIAK-Journal
2007, 2 ( 9 ).
2097 Siehe ausf Bergauer, RZ 2006, 82.
2098 Siehe dazu auch Bergauer, Aktuelles zum Computerstrafrecht – zugleich eine
Buchbesprechung, jusIT 2010 / 58, 132.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik