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462 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
schaftsverhältnisse vorliegen. Insoweit stellt § 241 e Abs 1 in beiden
Sätzen bezüglich seiner tatbestandlichen Struktur ein Erfolgsdelikt
dar.2228 Die Strafbarkeit beider objektiv beschriebener Deliktsfälle grün-
det sich auf zwei verschiedenartig konzipierte überschießende Innen-
tendenzen.2229 Diesbezüglich kann bei § 241 e Abs 1 von einem » subjek-
tiven Mischtatbestand « gesprochen werden.
Die Tathandlung muss daher vom Täter – neben dem ( zumindest
bedingten ) Tatbildvorsatz – entweder mit dem erweiterten ( zumindest
bedingten ) Vorsatz gesetzt werden, dass er oder ein Dritter durch die
Verwendung des entfremdeten unbaren Zahlungsmittels im Rechts-
verkehr unrechtmäßig bereichert ( erste subj Alt bzw § 241 e Abs 1 ers-
ter Satz ) oder dass ihm oder einem anderen eine Fälschung unbarer
Zahlungsmittel ( § 241 a ) ermöglicht werde ( zweiter subj Alt bzw § 241 e
Abs 1 zweiter Satz ). Beide Deliktsfälle beschreiben daher auch kupierte
Erfolgsdelikte, da das jeweilige Endziel ( Bereicherung durch Verwen-
dung des Tatobjekts bzw Fälschungsermöglichung ) ein über den objek-
tiven Tatbestand hinausreichender, vom Täter bloß angestrebter Erfolg
ist, der nicht ( mehr ) tatbestandsmäßig ist.2230 Mit einer solchen Kon-
zeption wird der formelle Vollendungszeitpunkt auf die Tathandlung
vorverlagert. Materiell ist die Entfremdung aber erst beendet, wenn die
eine oder andere subjektive Zielvorstellung des Täters auch tatsächlich
eintritt. Strafgrund ist daher eigentlich nicht das tatbestandsmäßige
Verhalten des Täters samt Tatbildvorsatz, sondern der Inhalt des er-
weiterten Vorsatzes, nämlich das angestrebte Ziel als Enderfolg der Tat.
Das Sich-Verschaffen eines unbaren Zahlungsmittels, über das man
nicht oder nicht allein verfügen darf, ist daher an sich nicht strafbar,
sondern wird es erst, wenn der Täter dadurch eines der ( gewünschten )
Ziele – entweder Bereicherung durch Verwendung des Tatobjekts oder
Fälschungsermöglichung – erreichen will. Die Tathandlung muss aber
objektiv für solche Zwecke geeignet sein. Es handelt sich daher iVm
den Vorsatzinhalten um Quasi-Erfolgsdelikte, deren Vollendungszeit-
punkt vorverlagert ist.2231
2228 Vgl Oshidari in SbgK § 241 e Rz 2 ( Stand April 2007 ).
2229 Siehe dazu auch OGH 18. 10. 2011, 12 Os 137 / 11 f.
2230 Eine solche Einordnung wirkt sich ua ggf auf eine strafbare Beteiligung aus.
2231 Vgl dazu sinngemäß auch Medigovic, Unterlassung der Anzeige nach § 84 StPO –
Amtsmißbrauch ?, JBl 1992, 420.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik