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482 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Gesetzgeber durch die Formulierung in den GMat » Bezug zu einem
körperlich fassbaren Gegenstand « 2323 – da er nicht vom körperlichen
Gegenstand selbst spricht – jeden Datenträger als eine Art » techni-
schen Gewahrsamsdiener « oder » Gewahrsamsmittler « ? Wäre es nicht
angezeigt, in Anbetracht der Virtualität und Ubiquität von elektroni-
schen Daten neue angepasste Wege im Strafrecht zu beschreiten und
im gegenständlichen Zusammenhang einzig – anstelle des Erforder-
nisses des Gewahrsams an körperlichen Sachen – von der uneinge-
schränkten Verfügungsgewalt bzw -möglichkeit über die Daten auszu-
gehen ?
Stellt man sich vorab die Frage, was eigentlich durch § 207 a Abs 3
erfasst werden soll, so klären die GMat, dass dadurch der Besitz oder
eine auf einen solchen ausgerichtete Verschaffungshandlung pönali-
siert sein soll, nicht aber das bloße Betrachten.2324
Daraus folgt im Wesentlichen nur, dass der Täter durch diese Hand-
lung die tatsächliche und unmittelbare Herrschaft über die Sache aus-
üben können muss. Er reicht nicht aus, dass das Tatobjekt nur in sei-
nen Wahrnehmungsbereich gelangt. Dass der ratio dieser Bestimmung
nur durch die Erlangung einer körperlichen Sache Rechnung getragen
werden kann, ist – gerade im hier interessierenden Zusammenhang
mit Computerdaten – unzutreffend. Dies folgt auch schon daraus, dass
der Täter für die Tathandlung des Sonst-Zugänglichmachens ( Abs 1 Z 2
Fall 5 ) das Tatobjekt auf solche Weise in den » Wahrnehmungsbereich «
oder Herrschaftsbereich eines anderen gelangen lassen muss, dass
dieser die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit ( iSd faktischen Gewahr-
samsbegriffs 2325 ) auf die Sache selbst und damit auch die Möglichkeit
der Kenntnisnahme ihres Inhalts erlangt ( zB die Übergabe einer unver-
schlossenen Fotosammlung an einen anderen zum Transport oder zur
Aufbewahrung ).2326
Wenn schon für die Tathandlung des Zugänglichmachens keine Ge-
wahrsamsverschaffung im klassischen Sinn notwendig ist, sollte wohl
auch bei der des Sich-Verschaffens die » unmittelbare Zugriffsmöglich-
keit « auf das Tatobjekt selbst ausschlaggebend sein. Damit wäre jeden-
falls das Problem der Gewahrsamsbegründung an der eigenen Sache
2323 Vgl JAB 1848 BlgNR XVIII. GP, 3.
2324 Vgl JAB 1848 BlgNR XVIII. GP, 3.
2325 Siehe dazu zB Hochmayr, Besitz, 65 ff.
2326 Vgl JAB 1848 BlgNR XVIII. GP, 2.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik