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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Die ausdrückliche Verwendung der Phrasen » mündige minderjäh-
rige Person « 2397 bzw » unmündige Person « – lässt den Schluss zu, dass
keine Qualifikation oder Privilegierung vorliegt, da bereits a priori –
aufgrund der Umschreibung der betroffenen Altersgruppen – eine ex-
akte Zuordenbarkeit gegeben ist, die tatbestandliche Exklusivität der
beiden Sätze vorgibt. Es handelt sich daher jeweils um selbstständige
Delikte mit exklusiven Voraussetzungen.
5. Der » Zugriff « auf pornographische Darstellungen
Minderjähriger im Internet
§ 207 a Abs 3 a wurde mit dem 2. GeSchG 2009 2398 eingeführt und soll
ausdrücklich das wissentliche Zugreifen auf pornographische Darstel-
lungen Minderjähriger im Internet pönalisieren. Zum Zeitpunkt des
Zugreifens auf das inkriminierte Material muss der Täter wissentlich
iSd § 5 Abs 3 handeln. Er muss es daher für gewiss halten, dass auf der
Website, die er gerade aufruft, pornographische Darstellungen mit
Minderjährigen enthalten sind.
Die Tathandlung des » Zugreifens « auf pornographische Darstel-
lungen Minderjähriger umfasst aber mehr als das bloße Betrachten 2399,
weshalb nicht nur die rein visuelle Wahrnehmung, sondern jegliches
wissentliche » Verarbeiten « solcher inkriminierten Dateien erfasst ist.
Zu denken wäre etwa an einen Fall, in dem der Täter ( zB als Adminis-
trator bzw Moderator eines einschlägigen Pädophilenforums ) solche
Abbildungen von Server A auf Server B kopiert bzw überhaupt mit sol-
chen Darstellungen hantiert, ohne sie dabei aber selbst zu betrachten
oder herunterzuladen. Hingegen wäre ein wissentliches ( heimliches )
» Über-die-Schulter-schauen «, während ausschließlich der unmittel-
bare Täter auf die Bilddateien zugreift, nicht erfasst, da der mittelbare
Zuschauer die Materialien lediglich passiv betrachtet, nicht aber auf
diese zugreift.2400
2397 Wobei der Begriff » mündige Minderjährige « im Kernstrafrecht nicht ausdrück-
lich definiert ist, aber in den GMat von Personen, die bereits das vierzehnte, aber
noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, gesprochen wird ( siehe
ErlRV 294 BlgNR XXII. GP, 20 ).
2398 BGBl I 40 / 2009.
2399 Vgl dazu aber § 215 a Abs 2 a.
2400 Zur weiteren Abgrenzung des » Zugreifens « gegenüber des » Betrachtens « siehe zu
§ 215 a Abs 2 a.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik