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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
b. Zur Strafbarkeitslücke bezüglich pornographischer
Darbietungen
Streng der Richtlinienvorgabe entsprechend wurde § 208 a Abs 1 a nur
als Vorbereitungsdelikt konzipiert, das im erweiterten Vorsatz ledig-
lich auf die Absicht des Täters abstellt, eine strafbare Handlung be-
züglich » pornographischer Darstellungen « iSd § 207 a Abs 3 und 3 a iVm
§ 207 a Abs 4 hins der unmündigen Person zu begehen. Diese nicht ge-
rade weitsichtige Umsetzung eröffnet im Bereich der » pornographi-
schen Darbietungen « iSd § 215 a Abs 2 a eine Lücke. Demnach wird die
IKT-Kontaktaufnahme zu einer unmündigen minderjährigen Person,
zB um diese zu pornographischen Live-Darbietungen über eine Web-
cam zu bewegen, nicht schon im Vorfeldbereich erfasst. Daraus folgt,
dass eine strafrechtliche Verfolgbarkeit in diesem Fall zumindest den
Eintritt des Täters in das Versuchsstadium ( = Vorliegen wenigstens ei-
ner ausführungsnahen Handlung iSd § 15 Abs 2 ) verlangt.
Der Gesetzgeber sollte diese Lücke durch Ausweitung des Bezugs-
objekts der überschießenden Innentendenz in § 208 a Abs 1 a um die
strafbare Handlung nach » § 215 a Abs 2 a « erweitern, sodass diese lau-
ten könnte:
» [ … ] in der Absicht, eine strafbare Handlung nach § 207 a Abs. 3
oder 3 a in Bezug auf eine pornographische Darstellung ( § 207 a Abs. 4 )
oder nach § 215 a Abs. 2 a in Bezug auf eine pornographische Darbie-
tung ( § 215 a Abs. 3 ) dieser Person zu begehen [ … ] «.
c. Kontaktherstellung zur unmündigen Person
Im deliktsspezifischen Kontext ist keine Kommunikation iS einer Un-
terhaltung erforderlich, vielmehr reicht diesfalls bereits die » Kontakt-
aufnahme « zu einer unmündigen Person über IKT aus. Ein Kontakt
ist bspw dann hergestellt, wenn der Täter diese Person als Facebook-
Freund hinzufügt oder ihr ein ( nicht empfangsbedürftiges ) E-Mail oder
eine SMS zusendet. In ErwG 12 RL 2011 / 93 / EU führt der Unionsgesetz-
geber beispielhaft die Kontaktaufnahme zu Kindern über die Websites
sozialer Netzwerke und Chatrooms an. Das Anschreiben der unmündi-
gen Person via Chat-Forum, bei dem beide Kommunikatoren angemel-
det sind, stellt somit ebenfalls den Kontakt her. Insgesamt kann mE
gesagt werden, dass ein Kontakt immer dann hergestellt ist, wenn die
Handlungen des Täters über die IKT in die Sphäre des Opfers reichen
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik