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526 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
und das Opfer mit der Kontaktaufnahme durch den Täter derart kon-
frontiert ist, dass dieses den Kontakt zum Täter erwidern könnte. Das
Opfer muss mE dadurch in die Lage versetzt werden, in die Kommuni-
kation mit dem Täter eintreten zu können. Entweder, weil dem Opfer
diverse Kontaktmöglichkeiten vom Täter ausdrücklich mitgeteilt bzw
durch das jeweilige IKT-Mittel faktisch schon technikbedingt bekannt
wurden ( zB Nickname, E-Mail-Adresse ), oder – mangels Offenlegung
von Kontaktdaten durch den Täter – weil das Opfer zB das Telefonge-
spräch bei unterdrückter Rufnummer angenommen hat.
Daraus ergibt sich ein ( Zwischen- ) Erfolg für den Täter, der durch die
erfolgte Kontaktaufnahme den Gefahrenbereich fĂĽr eine Rechtsgutbe-
einträchtigung bei der konkreten unmündigen Person eröffnet. Meines
Erachtens muss das Opfer die Kontaktaufnahme des Täters jedenfalls
wahrgenommen haben 2521, und es muss sich fĂĽr dieses ein ( potentiel-
ler ) Kommunikationskanal zum Täter ergeben. Wie dieser Kommuni-
kationskanal aussieht, ist nebensächlich. So könnte dies eine E-Mail-Ad-
resse, eine Telefonnummer ( fĂĽr Anrufe oder SMS ) oder ein gemeinsamer
Chatroom sein, die dem Opfer den Zugang zur Kommunikation mit
dem Täter ermöglichen. Der Kontakt ist aber auch hergestellt, wenn
die unmĂĽndige Person die per IKT eingegangenen Nachrichten bzw An-
rufe – bei prinzipieller Bekanntheit von Kontaktdaten des Täters – ig-
noriert oder einfach nur nicht darauf antwortet, » obwohl sie könnte «.
Versucht der Täter bloß – entsprechender Vorsatz vorausgesetzt – mit
unterdrĂĽckter Telefonnummer einen Kontakt zur unmĂĽndigen Person
herzustellen, nimmt diese jedoch das Gespräch nicht an, wurde auch
kein Kontakt hergestellt und § 208 a Abs 1 a nicht vollendet.2522
Identifiziert man – wie hier – § 208 a Abs 1 a ( technisch gesehen ) als
Erfolgsdelikt, verhindert dies schlieĂźlich eine noch weitere ( bzw zu
weite ) Vorverlagerung der Vollendungsstrafbarkeit.
Welche gedanklichen Inhalte der Täter mit der unmündigen Per-
son tatsächlich kommuniziert, ist genauso unbeachtlich wie die Frage,
ob die unmündige Person die wahre Identität des Täters oder ledig-
lich dessen Nicknamen aus einem Chatroom kennt. Selbst eine ano-
2521 Wird ein kontakteinleitendes E-Mail direkt in den Spam-Ordner des E-Mail-
Programms verschoben, auf den der Empfänger nicht zugreift, kann – mangels
Kenntnis eines Kontaktversuches beim Empfänger – mE nicht von einer » Kon-
taktherstellung « gesprochen werden.
2522 Eine Versuchsstrafbarkeit gem §§ 15, 208a Abs 1 a wäre in diesem Fall grundsätz-
lich denkbar.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik