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570 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
bzw anderer Rechtsnormen ist. Führt daher jemand einen ( tatbestand-
lichen ) Erfolg iSd § 107 a Abs 2 Z 4 herbei, wobei dieser für sich allein
genommen noch gar nicht das Kriterium der beharrlichen Verfolgung
iSd § 107 a Abs 2 zu erfüllen vermag, indiziert dieser Erfolg noch kei-
nen » rechtswidrigen « Zustand. Wird dieser Zustand von dieser Person
durch anschließendes Unterlassen aufrechterhalten, ergeben sich folg-
lich Schwierigkeiten, was die Begründung einer diese Person insb tref-
fende Pflichtenstellung ( iS einer Garantenstellung ) anlangt. Ebenso
stellt sich die Frage, ob dadurch überhaupt tatbestandliches » Un-
recht « – iS eines Dauerdelikts – fortgesetzt werden kann. Selbst wenn
grundsätzlich auch rechtmäßiges Vorverhalten eine Garantenstellung
nach dem Ingerenzprinzip begründen kann 2718, wäre es geradezu ab-
surd für jede Person, die die räumliche Nähe einer anderen Person
aufsucht und dadurch ein ( ex ante ) Risiko bezüglich eines etwaigen
gefährlichen Kausalprozesses einer möglichen ( anschließenden ) be-
harrlichen Verfolgung dieser Person schafft – eine Garantenstellung
mit der Pflicht zu begründen, die räumliche Nähe zu dieser Person wie-
der aufzulösen. Eine solche Garantenpflicht wäre auch schon deshalb
abwegig, weil gerade mehrere Einzelhandlungen ( wie das mehrfache
Aufsuchen des Aufenthaltsorts der Person samt wiederholtem Verlas-
sen desselben zur pflichtgemäßen Erfolgsabwendung ) die konkrete
Gefahr für das Opfer erst begründen. Verlässt der Stalker nach erfolg-
tem Aufsuchen der räumlichen Nähe diesen Ort wieder, hätte er seiner
Garantenpflicht entsprochen, und dennoch wäre ggf der konkrete Ge-
fährdungserfolg iSd § 107 a eingetreten.
Was die Aufrechterhaltung des tatbestandlichen » Unrechts « betrifft,
das zum Zeitpunkt des aktiven Tuns ggf noch keines ist 2719, ist festzuhal-
ten, dass – sofern man wie Kienapfel / Höpfel / Kert für die Begründung ei-
ner Garantenstellung aus gefahrenbegründendem Vorverhalten nur ein
2718 Vgl Fabrizy, StGB 11 § 2 Rz 3a; für Überwachungsgaranten allgemein Fuchs, AT I 8,
Rz 37 / 60 f; weiters zustimmend bei Überwachungsgaranten, aber ablehnend bei » ge-
fahrenbegründetem Vorverhalten « Kienapfel / Höpfel / Kert, AT 14, Z 30 Rz 22a bzw 21.
2719 Man stelle sich vor 10 Inseratschaltungen würden in einem bestimmten Fall eine
» nahe Gefahr « für die Verwirklichung des § 107 a Abs 1 schaffen bzw einen kon-
kreten Gefährdungserfolg sehr wahrscheinlich machen, der Täter aber veröffent-
licht gerade einmal die erste Anzeige. Eine Versuchsstrafbarkeit käme allerdings
in Betracht, wobei eine solche bei einem prinzipiell sozial adäquaten objektiven
Tatbestand ebenfalls problematisch ist und zu einer sehr weiten Vorverlagerung
der Strafbarkeit führen würde.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik