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Schlussbetrachtungen
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Täuschung des Opfers kommen müsste. Die Formulierung sollte auf
den spezifischeren und auch bisher verwendeten Wortlaut » im Wege
eines Computersystems « abgeändert werden.
Der Gesetzgeber erachtet wohl den GMat zufolge in der Täuschung,
die er bei der sonstigen Begehungsweise – dh außerhalb der IKT – ver-
langt, die » besondere Gefährlichkeit «, was für die Begehungsweise des
§ 208 a Abs 1 Z 1 impliziert, dass eine besondere Gefährlichkeit bereits
in der bloßen » Nutzung « informations- und telekommunikationstech-
nischer Systeme ( iSd § 208 a Abs 1 Z 1 ) liegt. Eine solche Betrachtung ist
aber in Anbetracht der für sich gesehen sozial adäquaten Nutzung in-
formations- und kommunikationstechnischer Systeme bzw des bloßen
Betriebs solcher Systeme meiner Auffassung nach strikt abzulehnen.
Aus der offensichtlichen Verlagerung des spezifischen Unrechts auf
die subjektive Tatseite fragt sich, ob die Sozialschädlichkeit des Täter-
verhaltens nicht hauptsächlich an der inneren Einstellung und daher
an der Gesinnung des Täters ansetzt. Bejaht man eine solche Nähe
zum Gesinnungsstrafrecht, ist zu klären, ob in diesem Fall tatsächlich
die Tatbestandsumschreibung den strengen Erfordernissen des verfas-
sungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots Rechnung trägt.
Täuscht der Täter iZm der konventionellen Begehungsweise des
§ 208 a Abs 1 Z 2 eine unmündige Person nicht über seine Absichten –
spricht er diese ggf sogar explizit an – und schlägt etwa ein weiteres
Treffen vor, macht sich der Täter nicht nach § 208 a strafbar. Gerade aus
dieser Überlegung und in Anbetracht der besonderen Eigenschaft des
Tatobjekts sowie des intendierten Rechtsgüterschutzes liegt die » be-
sondere Gefährlichkeit « dieser Begehungsweise jedoch wohl nicht in
der Täuschung, sondern in jeder konkreten Handlung, die eine un-
mündige Person zu einem Treffen für sexuelle Übergriffe bewegt, ob
nun mittels Täuschung oder nicht.
§ 208 a Abs 1 a fehlt jegliche sozial inadäquate Verhaltensweise im
objektiven Tatbestand. Somit handelt jeder der mit Unmündigen über
das Internet in Kontakt tritt, bereits ( objektiv ) tatbestandsgemäß.
Wenn lediglich eine Kontaktaufnahme im Internet zu einer unmündi-
gen Person erfolgt, muss der Inhalt der Kommunikation nicht einmal
etwas mit dem Inhalt der überschießenden Innentendenz ( dh der Ab-
sicht eine strafbare Handlung nach § 207 a Abs 3 oder 3a an dieser un-
mündigen Person zu begehen ) zu tun haben. Das Unrecht der Tat ergibt
sich daher ausschließlich aus dieser überschießenden Innentendenz.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik