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Schlussbetrachtungen
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
§ 126 c vereint überhaupt eine Vielzahl von Auffälligkeiten, welche
die Norm weitgehend in ihrer Funktion als Vorbereitungsdelikt zu ei-
nem » zahnlosen Dasein « verkommen lassen. Punkten könnte § 126 c
wohl eher als Auffangtatbestand, da die sehr hohen Anforderungen der
Hauptdelikte, denen § 126 c vorgelagert ist, deren Anwendbarkeit in der
Praxis sehr oft verhindern dürften. Daraus folgt, dass bei einem dies-
bezüglichen Versagen der Strafbarkeit der Hauptdelikte, zumindest
§ 126 c diese rechtspolitische Lücke schließen könnte bzw aus Sach-
lichkeitsgründen sogar schließen müsste. Doch auch § 126 c Abs 1 birgt
tatbestandliche Einschränkungen, die zurzeit auch die Anwendbarkeit
dieser Norm sehr stark begrenzen. Tatobjekte iSd § 126 c Abs 1 Z 1 kön-
nen nur Computerprogramme oder vergleichbare Vorrichtungen sein,
die explizit zur Begehung der tatbildlich genannten Delikte hergestellt
oder adaptiert wurden. Sogenannte » Dual-use Devices «, die sowohl für
illegale als auch legale Zwecke eingesetzt werden können ( zB typische
Administratorwerkzeuge ) scheiden a priori als Tatobjekte des § 126 c
Abs 1 Z 1 aus.
Das gilt im Übrigen auch für die spezielle Vorrichtung, die im Fall
der § 119 Abs 1 bzw § 119 a Abs 1 Fall 1 benützt werden muss. Werden
etwa zur Nachrichten- bzw Datenspionage Standard-Programme ver-
wendet, die eine solche Aufgabe ebenfalls erfüllen können, mangelt es
schon an einer tatbildlichen Vorrichtung.
Um auf moderne Bedrohungen adäquat zu reagieren, wäre es not-
wendig, Qualifikationstatbestände zu normieren, welche – vergleich-
bar mit § 126 Abs 1 Z 5 – insb Angriffe auf IKT-Systeme oder Daten der
öffentlichen Sicherheit, Katastrophenschutz, Gesundheitsdienst oder
IKT-Infrastruktur, die der öffentlichen Versorgung ( Wasser, Elektrizität,
Wärme usw ) dienen, qualifizieren. Freilich wären analog zur Durch-
dringung vieler Lebensbereiche mit IKT auch Qualifikationen im
Sinne anderer Ziffern des § 126 Abs 1 denkbar. Auch kann dem Aufwer-
tungsbestreben des Datenschutzes im Strafrecht Rechnung tragend
eine Qualifikationsbestimmung des § 51 DSG 2000 in Bezug auf die in-
kriminierte Verwendung » sensibler Daten « angedacht werden, welche
mit strengerer Strafe bedroht sein sollte.
Diese beispielhafte Aufzählung tatbestandlicher und gesetzestech-
nischer Unzulänglichkeiten zeugen von Handhabungsschwierigkeiten
bezüglich der gesetzlichen Erfassung von IKT-Phänomenen. Dies spie-
gelt sich auch in den sehr geringen Verurteilungszahlen wider, wobei
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik