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Die Briefe des Zurückgekehrten
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Page - 7 - in Die Briefe des Zurückgekehrten

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patriarchalisches grand air sein, ein alter weißbärtiger Gaucho, wie er dasteht an der Tür seiner Estancia, so ganz er selbst, und wie er einen empfängt, und wie seine starken Teufel von Söhnen von den Pferden springen und ihm parieren, und es mag auch etwas viel Unscheinbareres sein, ein tierisches Hängen mit dem Blick am Zucken einer Angelschnur, ein Lauern mit ganzer Seele, wie nur Malaien lauern können, denn es kann ein großer Zug darin liegen, wie einer fischt, und ein größerer Zug, als Du Dir möchtest träumen lassen, darin, wie ein farbiger Bettelmönch Dir die irdene Bettelschale hinhält – wenn etwas der Art mir unterkam, so dachte ich: Zuhause! – – – Alles, was etwas Rechtes war, worin eine rechte Wahrhaftigkeit lag, eine rechte Menschlichkeit, auch im Kleinen und Kleinsten, das schien mir hinüber zu deuten. Nein, meine ungeschickte Sprache sagt Dir wieder nicht die Wahrheit meines Gefühls: es war nicht Hinüberdeuten, auch nicht Erinnert-Werden an drüben, es war kein Hüben und Drüben, überhaupt keine Zweiheit, die ich verspürte: es war eins ins andere. Indem die Dinge an meine Seele schlugen, so war mir, ich läse ein buntes Buch des Lebens, aber das Buch handelte immerfort von Deutschland. Ich denke, ich bin kein Träumer, und wenn ich – vielleicht als Bub – einer war, so habe ich jedenfalls in diesen achtzehn Jahren ganz einfach keine Zeit gehabt, einer zu sein. Auch sind es keine Träumereien, von denen ich Dir rede, nichts Ausgesponnenes, sondern etwas Blitzhaftes, das da war, während ich lebte, und oft in Momenten, wo mein Denken und alle meine Nerven vom Leben so angespannt waren wie möglich. Daß ich mich Dir mit einem Beispiel ausdrücke, das freilich beinahe albern ist: es ist wie mit dem Wassertrinken am Brunnen. Du weißt, ich war als Kind fast immerfort in Oberösterreich auf dem Land, nach meinem zehnten Jahr dann nur mehr die Sommer. Aber sooft ich in Kassel während der Schulwinter oder sonst, wohin ich mit meinen Eltern kam, einen Trunk frischen Wassers tat – nicht wie man gleichgiltig bei der Mahlzeit trinkt, sondern wenn man erhitzt ist und vertrocknet und sich nach dem Wasser sehnt – so oft war ich auch, jedesmal für eines Blitzes Dauer, in meinem Oberösterreich, in Gebhartsstetten, an dem alten Laufbrunnen. Nicht: ich dachte daran – war dort, schmeckte in dem Wasser etwas von der eisernen Röhre, fühlte übers ganze Gesicht die Luft vom Gebirg her wehen und zugleich den Sommergeruch von der verstaubten Landstraße herüber – kurz, wie das zugeht, weiß ich nicht, aber ich habe es zu oft erlebt, um nicht daran zu glauben, und so gebe ich mich zufrieden. – Noch in New York und in St. Louis die kurze Zeit ging das mit mir, dann freilich in New Orleans schon und später noch weiter im Süden, da verlor es sich: Luft und Wasser waren da zu sehr ein Verschiedenes von dem, was in Gebhartsstetten aus dem Rohr sprang und über den Zaun wehte – und Luft und Wasser sind große Herren und machen aus den Menschen, was sie wollen. Aber das mit dem Trinken sollte ja auch nur ein Beispiel sein. So wie mich ein Trunk an den alten 7
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Die Briefe des Zurückgekehrten
Title
Die Briefe des Zurückgekehrten
Author
Hugo von Hofmannsthal
Location
Berlin
Date
1907
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
27
Keywords
Briefnovelle
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Der Erste 5
  2. Der Zweite 10
  3. Der Dritte 14
  4. Der Vierte 18
  5. Der Fünfte 24
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