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Tagebuch 1923
83 Tizian, Porträt des Pietro Aretino, 1545, Galleria Palatina, Palazzo Pitti, Florenz.
84 Charakteristisch für Grinzing ist sein dörflicher Charakter mit zahlreichen Weinschenken,
den sogenannten „Heurigen“ (benannt nach dem jungen Wein des „heurigen“ Jahres), so-
wie seiner von vielen Wienern als „lieblich“ empfundenen sanft hügeligen Landschaft mit
Wäldern und Weingärten. Grinzing, bereits im 19. Jahrhundert ein beliebter Ausflugs- und
Sommerfrischeort, gehört auch heute noch zu den von Touristen besonders gerne aufge-
suchten Teilen Wiens.
85 1923 erschien Josef Matthias Hauers Schrift „Deutung des Melos. Eine Frage an die
Künstler und Denker unserer Zeit“ (Leipzig-Wien-Zürich).
„Da schuf etwa im Jahre 1920 der Wiener Josef Matthias Hauer durch Aufstellung zweier
Prinzipien die Grundlage zur Zwölftonmusik. Zum einen unterscheidet er einen rhyth-
mischen und einen melischen Pol. Dem rhythmischen weist er die Leidenschaften, das
Ithyphallische, das Fantastische, dem melischen das Göttliche, Harmonische, das Geistige
zu. Damit öffnet er wieder den Weg zu einer klaren Musik. Zum Zweiten postulierte er,
der gleichschwebenden temperierten Skala folgend, die Gleichwertigkeit der 12 Töne in-
nerhalb der Oktave. Daraus fließt sofort die Aufstellung eines neuen Liniensystems, das
die 12 Töne zur Grundlage hat, denn Kreuz und Be sind ja Begriffe, die das Spielen in
gewissen Tonleitern zugrunde haben. In den Zwölftonspielen Hauers entwickeln sich diese
Gedanken in ihrer reinsten Form. In einer Tonfolge von 12 Tönen, in denen jeder Ton der
zwölfstufigen temperierten Skala einmal
– und nur einmal
– enthalten ist, entfaltet sich der
reine Melos, in dem der Rhythmus völlig aufgegangen ist und nur mehr innerhalb Melos
als Periodizität erkennbar wird.“ (Förster 1976.)
86 Franz Martin Haberditzl, wie HT und ETC Schüler der beiden Hauptvertreter der Wiener
Schule der Kunstgeschichte, Alois Riegl (1858–1905) und Franz Wickhoff (1853–1909),
war von 1915–1938 Direktor der Staatsgalerie, später Österreichischen Galerie im Belve-
dere. Er galt wie Glück und Eigenberger als Rubens-Spezialist. Mit seinem Amtsantritt
fand er sich beständigen Angriffen von konservativen Künstlern und Kritikern ausgesetzt.
Dennoch wurde ihm „bald von Freund und Feind großer Respekt entgegengebracht“ (Kug-
ler 2004, 183). Ab 1920 war der an schwerem Gelenkrheumatismus leidende Haberditzl an
den Rollstuhl gefesselt. Unter seiner Direktion kam es zur Aufgliederung in drei Museen :
Barockmuseum im Unteren Belvedere (1923), Galerie des 19. Jahrhunderts im Oberen Bel-
vedere (1924), Moderne Galerie mit der Kunst des 20. Jahrhunderts in der Orangerie des
Belvederes (1929).
Eine Tante Tale ist bei den Nachkommen ETCs nicht mehr bekannt.
Kokoschkas „Stillleben mit Hammel und Hyazinthe“ von 1910 wurde 1922 durch die
Öster
reichische Galerie Belvedere angekauft. Oskar Reichel war einer der frühesten
Sammler der Werke Kokoschkas.
87 Laut einer Aufstellung hatte die Albertina von 1923–1930 20 Radierungen sowie neun
Lithografien vom Künstler erworben, außerdem eine Federzeichnung („Liegender Akt“)
sowie eine ETC darstellende Braunstiftzeichnung (ÖStA, AVA, 15 A–B1, U2, fasc. 3159,
Albertina 1930, Überprüfungskommission).
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Volume I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Title
- Erica Tietze-Conrat
- Subtitle
- Tagebücher
- Volume
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Editor
- Alexandra Caruso
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 458
- Category
- Biographien